31 Einleitung. 31
Beamten seiner Schule, nämlich in Veit Ludwigs v. Seckendorfs: „Deut-
schem Fürstenstaat“, einer praktischen Anleitung zur Regierung eines deutschen
Fürstenthums. Allein in einer Beziehung erhob sich dieser treffliche Fürst
nicht zu einer höhern staatsmännischen Anschauung, indem er sich nicht zum
energischen Schritte der Einführung der Primogenitur entschliessen konnte, welche
allein zur staatlichen Konsolidation seiner Lande hätte führen können. Er hatte
bereits am 31. August 1654 ein Testament gemacht, in welchem er volle Ge-
meinschaft der Regierung unter dem Direktorium des Aeltesten anempfahl. Sollte
es aber zur Landestheilung kommen, so sollten „dieselben Lande ohne Prärogative
und Vortheil in gleiche Theile gesetzt werden !)‘“(Urk.III). Im J. 1672 erliess Ernst
der Fromme seine berühmte Regimentsverfassung(Urk. IV), welche ebenfalls
Gemeinschaft der Regierung unter dem Direktorium des Aelteren, als eine alte
gute Sitte der ernestinischen Linie anempfiehlt und dabei genaue Bestimmungen
über das Verhältniss des ältesten zu den jüngeren Söhnen trifft. Ersterer soll
allein den Titel eines regierenden Herren führen, die jüngeren jedoch sollen
bei allen wichtigen Angelegenheiten zu Rathe gezogen werden. Die Hofhaltung
soll auf gemeinsame Rechnung geschehen, doch können sich die beiden ältesten
Nachgebornen an die andern Residenzorte begeben und dort einige Zeit einen
bescheidenen Hofstaat halten, doch sollen sie dem Aeltesten in der ihm zuste-
henden Administration keinen Eintrag thun. Obgleich Ernst der Fromme die
Gemeinschaft für die vortrefflichste Regierungsform hielt, so will er doch eine
erbliche Theilung der Länder nicht unbedingt verbieten. Aber ungeachtet einer
solchen Theilung soll dem Aeltesten das Direktorium in gemeinen Sachen nicht
weniger, als in währender Gemeinschaft zustehen. Diese s. g. Regimentsverfas-
sung vom 9. Nov. 1672 fand am 27. Aug. 1674 noch eine Erläuterung, in wel-
cher sich ebenfalls einige hausgesetzlich wichtige Bestimmungen finden. (Urk.
N. V.)
Ernst der Fromme verschied am 26. März 1675. Seine sieben Söhne er-
kannten die väterlichen Dispositionen an kraft einer s. g. Fürstbrüderlichen Ap-
1) Dieses Testament ist am besten abgedruckt im Saalfelder Recessbuche (1783), wo es die erste
Urkunde bildet. Dasselbe ist aber so umfangreich und enthielt unserem Gegenstande so fremdartige
Gegenstände, dass wir auf dessen vollständige Mittheilung verzichten müssen. Die wichtigste Stelle lautet:
„Und dieweil Unsere lieben Söhne vermöge des kundbaren Herkommens in Unserem fürstlichen Hause, an
Unsern hinterlassenen Fürstentbümern und Landen alle mit einander zu gleichen Theilen interessirt
seyn, und ferner keines vor dem andern, ausser welche die Direktion des ältesten und die darauf
verordnete Recompensirung, nach art und inhalt obbemeltes Unseres Fürstbrüderlichen Hauptvertra-
ges, nach sich ziehet, einigen vorzug hat. so sollen Sie, bevoreb so lang sie beedes in ihrer Min-
derjährigkeit, als auch nach ihren erlangten voigtbaren Jahren in der Communion und Gemeinschaft
der Lande verbleiben, sich christlich, friedlich und brüderlich,, sonderlich wenn es zu den Heiraths-
fällen kommen sollte, gegeneinander verhalten und mit rechter Treu und Liebe, die Wohlfahrt des
Bandes befördern, insonderheit aber einander nicht neiden und da einer von dem lieben Gotte mehr
Gaben empfangen, derselbige sich derselben nicht überheben oder auch die andern derentwegen ihu
anfeinden und zwar zu solchem und insonderheit die Jüngern dem Aeltesten, der in ihren gemeinen
Sachen die Direktion hat, seinen gebührenden respect und Ehre geben und können; derselbige aber
gegen die Jüngern gleichwohl mit aller brüderlicher Bescheidenheit, ohne sonderliche Ueberhebung
wegen des Alters verfahren, vielweniger dieselben gar zu unterdrücken suchen; würde es aber nach
dem Willen Gottes und Beschaffenheit der Umstände, die in dem Erbvertrage, den wir mit Unseren
Herrn Brüdern Liebden sub dato Gotha den 12. Sept. 1641 aufgerichtet, befunden werden, zur Landesthei-
lang kommen, so sollen dieselbigen ohne Prärogativ und Vortheil in gleiche Theile gesetzt werden n. s. w.‘