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nommen wurde, beiden Seiten möglichst unbeschränkte Regierungsbefugnisse zu-
theilte und am 25. Jan. 1442 zu Nürtingen besiegelt wurde. Der eine Theil,
welchen Graf Ludwig erhielt, wurde nach seiner Hauptburg der Uracher, der
Theil Graf Ulrichs dagegen der Neifener, später der Stuttgarter Theil
genannt. Der Theil Graf Ludwigs begriff folgende Hauptbesitzungen: die Aemter
Urach, Tübingen, Oberndorf, Hornberg, Dornheim, Dornstetten, Kalw, Neuenburg,
Wildbad, Zavelstein, Voigtsburg, Nagold, Herrenberg, Böblingen, Leonberg,
Markgröningen, Asberg, Bietigheim, Vaihingen u. s. w. Der Theil Graf Ulrichs,
der Neiffener oder Stuttgarter Theil enthielt die Aemter: Nürtingen, Neiffen,
Grötzingen, Waiblingen, Schorndorf, Göppingen, Kirchheim, Stuttgart, Cannstadt,
Backnang, Botwar, Marbach, Balingen, Ebingen u. s. w. Nachher suchten die
Grafen die Belehnung jeder mit der halben Grafschaft Württemberg und dem
Blutbanne nach, welche dem einen wie dem andern am 19. Juli 1442 von K.
Friedrich besonders verbrieft wurde. Die Grafschaft Mömpelgard blieb im Be-
sitze der Mutter Henriette, nach deren Tode (1444) fiel sie den Brüdern ge-
meinsam zu, ging aber schon nach zwei Jahren durch das Loos in den Allein-
besitz des Grafen Ludwig über gegen eine Verschreibung von 40,000 fl. an den
Grafen Ulrich. Graf Ludwig, der Stifter der Uracher Linie, starb 1450 und hin-
terliess zwei Söhne, die ihrem Vater folgten. Der erstgeborne, Ludwig, starb
1457, sodass in der Uracher Linie nur noch ein einziger Agnat vorhanden war,
Eberhard der Aeltere oder im Barte (geb. den 11. Dec. 1445). Ulrich,
der Stifter der Stuttgarter Linie, lebte bis 1480 und hinterliess ebenfalls zwei
Söhne, Eberhard den Jüngeren und Heinrich. Eberhard der Jüngere blieb ohne
männliche Nachkommenschaft, Heinrich wurde, trotz seiner „widerwärtigen Ge-
müthsart und schlechten Aufführung‘ zum geistlichen Stande bestimmt. Nach-
dem er jedoch demselben entsagt hatte, setzte er es durch, dass ihm die Graf-
schaft Mömpelgard als selbstständiger Erbtheil abgetreten wurde. Indem er
auch hier seinen tyrannischen Launen die Zügel schiessen liess, wurde er zuerst
vom Herzog von Burgund, dann von seinem Vetter Eberhard dem Aelteren ge-
fangen gehalten; doch wurde er der Stammhalter des Hauses Württemberg.
In der Uracher Linie wurde Eberhard der Aeltere mit dem Barte,
seit dem Tode seines Bruders Ludwig 1457, alleiniger Besitzer des Urachschen
Antheils. Trotz seiner schlechten Erziehung und wüst verbrachter Jugend wurde
er ein weiser Regent und tüchtiger Landesherr. Seine Reise in den Orient,
sein langer Aufenthalt in Italien erweckten in ihm eine grosse Neigung für die
Wissenschaften. Sein grösstes Verdienst erwarb er sich 1477 durch die Stiftung
der Universität Tübingen, mit welcher er das berühmte contubernium academi-
cum verband, an welchem Reuchlin und Melanchthon lehrten. Fromm, aber nicht
abergläubisch, sorgte er für die Hebung der Kirchenzucht und bessere Ordnung
des Klosterlebens. Vor allem aber liess er sich die Ausbildung der württem-
bergischen Hausverfassung angelegen sein, indem er mit den Vettern der Stutt-
garter Linie mehrere Hausverträge schloss, welche dahin zielten, die üblen
Folgen der Landestheilung zu überwinden und die Untheilbar-
keit des Landes von neuem festzustellen.