220 TATTENBACH ÜBER ALGECIRAS
Bewunderern in alter Tatkraft und Frische wiedergegeben sind. Mit ange-
legentlichen Empfehlungen an die Frau Fürstin, die nun wieder aufatmen
und sich des Lebens freuen kann, bin ich in aufrichtiger und herzlicher Ver-
ehrung Ihr treu und dankbar ergebener August Eulenburg.“
Der Gesandte Graf Tattenbach, dem ich für seine erfolgreiche Tätigkeit
in Algeciras eine wohlverdiente Auszeichnung erwirkt hatte, schrieb mir
mit der bei diesem wackeren Mann gewohnten Bescheidenheit: „Wenn ich
in Algeciras einiges Nützliche habe leisten können, darf dies nicht meinem
Verdienst zugute kommen. Die gründliche Kenntnis von Land und Leuten,
eine Frucht siebenjährigen Aufenthalts daselbst und einige nützliche
juristische und administrative Reminiszenzen aus meiner Dienstzeit in den
Reichslanden haben mir die Sache leicht gemacht. Ich habe zahlreiche
Zuschriften erhalten, aus denen hervorgeht, daß man in Deutschland in den
praktisch interessierten Kreisen mit dem Ergebnis zufrieden ist, u. a. auch
von der Hamburger Kaufmannschaft. Der politische Wert der Abmachun-
gen liegt aber m. E. darin, daß Frankreich fernerhin in Marokko auf unseren
guten Willen angewiesen ist. Wir können, wenn wir es für nötig erachten,
ein Auge zudrücken. Wir können aber auch die zahllosen Vorbehalte und
Kautelen, die sich in den Abmachungen vorfinden, benutzen, um den
Franzosen auf Schritt und Tritt ernste Schwierigkeiten zu bereiten.‘ Graf
Tattenbach beurteilte die Algeciras-Akte genau so, wie die leitende fran-
zösische Hallhmonatsschrift, die „Revue des Deux Mondes“, es tat, die
meinte: „On a vu nulle part une souverainete aussi garuttee par des liens
multiples et assujettie a de si nombreuses et si minutieuses servitudes...
Les puissances, ou plutöt la principale entre elles, l’Allemagne, ont con-
Benti ä ce que nous €tablissions notre protectorat au Maroc A la conditiun de
n’y juuir d’aucun avantage Economique.... La France, c’est triste ä dire,
n’a obtenu aucune prime de gestion au Maroc.“
Der Reichstagspräsident Graf Ballestrem, der mir vor meiner Abreise
nach No derney einen längeren Besuch abgestattet hatte, schrieb mir, daß
es ihm erne große Freude gewesen wäre, dem Reichstag in dessen nächster
Sitzung imitzuteilen, daß er mich in gutem Gesundheitszustand und unver-
ändert durch die Krankheit gefunden habe. Seine Mitteilungen wären von
allen Seiten des Hauses mit lebhaftem Beifall aufgenommen worden, der
bewiesen hätte, daß ich wohl politische Gegner, aber keine persönlichen
Feinde im Parlament hätte. Der Führer des Zentrums, Herr Spahn, sprach
mir brieflich die Hoffnung aus, daß es ihm uoch vergönnt sein möge, ge-
meinsam mit mir für das Vaterland zu wirken. Herr von Hertling schrieb
mir in demselben Sinne, er hoffe, mich bald an derselben Stelle in alter
geistiger und körperlicher Kraft wiederzusehen. Herr von Heydebrand, dem
ich für seine Mitwirkung beim Zustandekommen des Schulgesetzes gedankt