Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

Einleitung. 81. 5 
zu vernichten, gesetzlich die Möglichkeit aufzustellen, daß Jeder im Volke 
seine Kräfte frei in moralischer Richtung entwickeln könne. Der letzte 
Rest der Sklaverei, die Erbunterthänigkeit, ist vernichtet, und der uner- 
schütterliche Pfeiler jedes Thrones, der Wille freier Menschen, ist gegrün- 
det. Das unbeschränkte Recht zum Erwerbe des Grundeigenthums ist 
proklamirt, die Städte sind mündig erklärt. Es sind nur noch wenige 
Hauptschritte nöthig. 
1) Regierung kann nur von der höchsten Macht ausgehen. Sobald 
das Recht, die Handlungen eines Mitunterthans zu bestimmen und zu 
leiten, mit einem Grundstücke ererbt oder erkauft werden kann, verliert 
die höchste Gewalt ihre Würde und im gekränkten Unterthan wird die 
Anhänglichkeit an den Staat geschwächt. Nur der König sei Herr, inso- 
fern diese Benennung die Polizeigewalt bezeichnet, und sein Recht übe 
Der aus, dem er es jedes Mal überträgt. Vorschläge zur Ausführung 
dieses Prinzips sind gemacht. 
2) Derjenige, der Recht sprechen soll, hänge nur von der höchsten 
Gewalt ab. Die Aufhebung der Patrimonialjurisdiktion ist bereits ein- 
geleitet. 
3) Die Erbunterthänigkeit ist vernichtet. 
In diesen drei Sätzen ist die Freiheit der Unterthanen, ihr Recht 
und ihre Treue gegen den König gegründet. Alle Bestimmungen, die 
hiervon ausgehen, können nur Gutes wirken. 
Das nächste Beförderungsmittel scheint mir 
4) eine allgemeine Nationalrepräsentation. Heilig war mir und bleibe 
uns das Recht und die Gewalt unseres Königs. Aber damit dieses Recht 
und diese unumschränkte Gewalt das Gute wirken kann, was in ihr liegt, 
schien es mir nothwendig, der höchsten Gewalt ein Mittel zu geben, wo- 
durch sie die Wünsche des Volkes kennen lernen und ihren Bestimmungen 
Leben geben kann. 
Wenn dem Volke alle Theilnahme an den Operationen des Staates 
entzogen wird, wenn man ihm sogar die Verwaltung seiner Kommunal= 
angelegenheiten entzieht, kommt es bald dahin, die Regierung theils gleich- 
gültig, theils in einzelnen Fällen in Opposition mit sich zu betrachten. 
Daher ist Widerstreit oder wenigstens Mangel an gutem Willen bei 
Aufopferung für die Existenz des Staates. 
Wo Repräsentation des Staates unter uns bisher stattfand, war sie 
höchst unvollkommen eingerichtet. 
Mein Plan war daher, jeder aktive Staatsbürger, er besitze 100 
Hufen oder eine, er betreibe Landwirthschaft oder Fabrikation oder Handel, 
er habe ein bürgerliches Gewerbe oder er sei durch geistige Bande an 
den Staat geknüpft, habe ein Recht zur Repräsentation. Mehrere mir 
hierzu eingereichte Pläne sind von mir vorgelegt. Von der Ausführung 
oder Beseitigung eines solchen Planes hängt Wohl oder Wehe unseres 
Staates ab; denn auf diesem Wege allein kann der Nationalgeist positiv 
veredelt und belebt werden. 
In der That wurden die Stände schon unter Stein's Ministerium 
wieder thätig. Die Ostpreußischen Stände hatten am 29. August 1807 ihre Beru- 
fung beantragt, und ihre Verfassung war durch Kabinetsordre vom 27. Fe- 
 
	        
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