Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

328 I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 106. 
allgemeine Landesverwaltung und die Zuständigkeit der Verwaltungs= und 
Verwaltungsgerichtsbehörden in der Provinz Posen vom 19. Mai 1889 (Ges.= 
Samml. S. 108) und die Verordnung, betreffend die Verwaltung des pro- 
vinzialständischen Verbandes der Provinz Posen, vom 5. November 1889 (Ges.= 
Samml. S. 177). 
Allgemeine Bestimmungen. 
Artikel 106. 
Gesetze und Verordnungen sind verbindlich, wenn sie in der vom 
Gesetze vorgeschriebenen Form bekannt gemacht worden sind. 
Die Prüfung der Rechtsgültigkeit gehörig verkündeter König- 
licher Verordnungen steht nicht den Behörden, sondern nur den 
Kammern zu. 
A. Die oktroyirte Verfassungsurkunde vom 5. Dezember 1848 enthielt nur den ersten 
Absatz des jetzigen Art. 106, unter Hinzufügung der Worte „nur“ und „zuvor“. Diese 
beiden Worte sind bei der Revision als überflüssig gestrichen worden, materiell aber auch 
jetzt noch mitzudenken, so daß Abs. 1 dahin zu verstehen ist: Gesetze und Verordnungen 
sind nur verbindlich, wenn sie zuvor in der vom Gesetze vorgeschriebenen Form bekannt 
gemacht worden sind. Ein überhaupt nicht oder nicht in der vom Gesetze vorgeschrie- 
benen Form publizirtes Gesetz oder Verordnung ist bis zur gehörigen Bekanntmachung 
als nicht vorhanden zu betrachten. Abs. 1, welcher übrigens im Grunde sich von selbst 
versteht, hat also nur formelle Bedeutung. 
Die Gesetze müssen: 
a) von dem König, bezw. von dem zeitweiligen Stellvertreter des Königs, von dem 
Regenten und, im Fall des Art. 57, von dem Staatsministerium erlassen sein: 
b) sie müssen nach Art. 44 mindestens von Einem Minister — wofern sie von dem 
Staatsministerium erlassen sind, von sämmtlichen Ministern — gegengezeichnet sein; 
e) sie müssen in ihrem Eingang auf die nach Art. 62 erforderliche Zustimmung der 
Kammern Bezug nehmen; 
d) sie müssen in der Gesetzsammlung publizirt sein. 
Die Königlichen Verordnungen müssen: 
a) von dem König, bezw. von dem zeitweiligen Stellvertreter des Königs, von dem 
Regenten und, im Fall des Art. 57, von dem Staatsministerium erlassen sein: 
b) sie müssen nach Art. 44 mindestens von Einem Minister — wofern sie von dem 
Staatsministerium erlassen sind, von sämmtlichen Ministern — gegengezeichnet sein; 
J) sie müssen als Verordnungen mit Gesetzeskraft in ihrem Eingange auf Art. 63 Be- 
ug nehmen; 
24 r 58 mit den im Gesetze vom 10. April 1873 vorgesehenen Ausnahmen, in 
der Gesetzsammlung publizirt sein. 
Für die Publikation und den Tag, an welchem das Gesetz oder die Verordnung 
in Kraft tritt, kommen folgende sich einander ablösende Vorschriften in Betracht. 
1. Für die vor dem 25. August 1717 erlassenen Gesetze ꝛc. besteht die Bekannt- 
machung in der Verkündigung von der Kanzel und der Anschlagung an öffentlichen 
Orten. Der Tag der Publikation muß somit für jeden Ort besonders festgestellt und, 
wenn dies nicht möglich ist, das Datum des Gesetzes auch als Tag der Publikation an- 
genommen werden. 
2. Seit der Verordnung vom 24. August 1717 (Mylius Corpus const. March. II. 1 
S. 613, für Schlesien Verordnung vom 25. Mai 1743 in Korn Ediktensammlung 1743 
S. 85) besteht die ordentliche Publikation darin, daß die Gesetze 2c. von der obersten 
Behörde in einer Anzahl von Exemplaren an die Provinzialbehörden und von diesen 
für die Städte an die Steuerräthe, für das platte Land an die Landräthe „zur Publi- 
kation“ gesendet werden, und zwar hat auf dem Lande die Publikation durch öffentlichen 
Anschlag und Verlesung von der Kanzel zu erfolgen. Die außerordentliche Publikation 
besteht in der in bestimmten Zeitintervallen zu wiederholenden Verlesung von der
	        
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