Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

Einleitung. 8 2. 33 
die mit dem 1. Juli 1867 auch für den ganzen Preußischen Staat in Kraft 
getretene Verfassung des Norddeutschen Bundes, bezw. durch die Verfassung 
des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 bewirkt worden sind. Allerdings 
sind dieselben nicht in der ausdrücklichen Form eines Verfassungsänderungs- 
gesetzes festgestellt worden. Das Publikationspatent über die Verfas- 
sung des Norddeutschen Bundes vom 24. Juni 1867 (Ges.-Samml. 
S. 817) lautet in seinem Eingange: 
Nachdem die Verfassung des Norddeutschen Bundes von den verbün- 
deten Fürsten und freien Städten mit dem Reichstage vereinbart worden 
ist und die Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie er- 
halten hat, verkünden Wir nachstehend die gedachte Verfassung und bestim- 
men zugleich, daß dieselbe im ganzen Umfange der Monarchie, einschließ- 
lich des Jadegebiets und der durch die Gesetze vom 20. September und 
24. Dezember 1866 mit derselben vereinigten Landestheile, am 1. Juli 
d. J. in Kraft treten soll. 
Dann folgt mit besonderer Ueberschrift die „Verfassung des Norddeutschen 
Bundes“, und an den letzten Absatz des letzten Artikels derselben reiht sich 
sofort der Schluß des Patentes mit Datum, Siegel und Unterschrift. Aber 
bei der Berathung und Beschlußfassung ist angenommen worden, daß mit 
der Annahme und Verkündung gleichzeitig alle diejenigen Aenderungen der 
Preußischen Verfassung eintreten würden, welche eine Folge der Einführung der 
Verfassung des Norddeutschen Bundes sind, und bei der Abstimmung über die 
Annahme dieser letzteren sind die durch die Preußische Verfassungsurkunde — 
Art. 107 — vorgeschriebenen Formen einer Verfassungsänderung beobachtet 
worden. — Das Verhältniß der Preußischen Gesetzgebung zu der Reichsgesetz- 
gebung ist ein unzweifelhaftes: die Reichsgesetzgebung geht der Landesgesetz- 
gebung vor. Dagegen folgt daraus, daß eine Materie der Reichsgesetzgebung 
unterstellt ist, noch nicht der Ausschluß der territorialen Gesetzgebung. Viel- 
mehr ist zu unterscheiden. Der ausschließlichen Kompetenz des Reiches unter- 
liegen nämlich die Anordnungen über die Verfassung des Reiches, die Orga- 
nisation, die Amtsbefugnisse und Pflichten seiner Behörden, die rechtliche Stel- 
lung seiner Beamten, die Bildung des Reichstages, die Rechte und Pflichten 
der Abgeordneten, die Finanzwirthschaft des Reichs, die Verwaltung der Reichs- 
anstalten (Heer, Marine, Post, Telegraph, Handel, Schifffahrt, Konsulat) und das 
Verhältniß der Einzelstaaten zum Reich. Außerdem ist dem Reich ausschließlich 
die Zollgesetzgebung übertragen, ferner die Besteuerung des Salzes, Tabacks, 
Bieres und Branntweins, allerdings mit gewissen Ausnahmen. Von diesen 
Gebieten ist die Landesgesetzgebung völlig ausgeschlossen. Bezüglich der übri- 
gen der Reichsgesetzgebung unterstellten Angelegenheiten (Art. 4 der Reichs- 
verfassung) ist die Kompetenz des Reiches nur eine fakultative, dergestalt, daß 
dieselben, so lange sie noch nicht reichsgesetzlich geregelt sind, der Autonomie 
der Einzelstaaten unterliegen. 
Endlich hat sich auch das Geltungsgebiet der Verfassungsurkunde ge- 
ändert. 
Nach Art. 1 „bilden alle Landestheile der Monarchie in ihrem gegen- 
wärtigen Umfange das Preußische Staatsgebiet“", und nach Art. 2 „können 
die Grenzen dieses Staatsgebiets nur durch ein Gesetz verändert werden.“ Die 
seit Emanirung der Verfassungsurkunde stattgehabten territorialen Veränderun- 
Schwartz, Preußische Verfassungsurkunde. 3 
 
	        
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