Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

40 Einleitung. 83. 
lung, ist klar und verständlich geschrieben und bringt reiches, übersichtlich ver— 
arbeitetes Material. Aber die Kritik muß zwischen dem ersten und den beiden 
folgenden Bänden genau scheiden. Das Verwaltungsrecht ist nämlich trotz 
mehrerer willkürlicher Aufstellungen im Ganzen eine ansprechende Arbeit, ins— 
besondere die Darstellung der neuen Verwaltungsorganisation, welche in dem 
Werke v. Rönne's gar nicht, in dem v. Schulze's nur in ihren Grundzügen 
dargestellt ist, hier aber vollständig vorgeführt wird. Allerdings sind diese 
beiden Bände durch das G. A. Grotefend'sche Lehrbuch des Preußischen Ver— 
waltungsrechts, 2 Bde., 1890/1892 und das v. Stengel'sche Staatsrecht stoff- 
lich bereits überholt. Dagegen ist die Darstellung des Verfassungsrechts, also 
der erste Band, für mißlungen zu erachten. Bornhak hält entschieden an dem 
Standpunkt der absoluten Monarchie fest. Ein subjektives Recht der Unter- 
thanen gegenüber dem Staate ist unmöglich. Das Unterthanenverhältniß 
charakterisirt sich als umfassende Unterthänigkeit unter dem Staate, als per- 
sönliches, alle an sich möglichen Herrscherrechte enthaltendes Gewaltrecht des 
Staates an seinen Unterthanen. Eine Ministerverantwortlichkeit gegenüber der 
Volksvertretung existirt nicht. Die kommunalen Verbände existiren nur, weil 
und solange der Staat es will, und sind lediglich Staatsanstalten zur Er- 
füllung von lokalen und territorialen Aufgaben, die nach heutiger Rechtsan- 
schauung dem Staate selbst obliegen. Der Monarch endlich ist identisch mit 
dem Staate, der Ausspruch Ludwigs XIV. „Fétat c'est moi“ gilt auch für 
den Preußischen König der Gegenwart, die Volksvertretung ist nur Objekt und 
zugleich Mittel der Herrschaft des Königs. Diese Sätze sind freilich nicht neu, 
auch die ihnen von Bornhak gegebene spezielle Ausführung ist keine originäre. 
Dabei verirrt Bornhak sich mehrfach in Beweisführungen und Behauptungen, 
die man als unsachliche Willkürlichkeiten und Wunderlichkeiten bezeichnen muß. 
So will er z. B. für die Scheidung zwischen Gesetz und Verordnung die Be- 
stimmung in § 7 A. L. R. Einl. maßgebend sein lassen, daß gewisse „Ver- 
ordnungen“ der — schon vor 1810 außer Wirksamkeit getretenen — Gesetzes- 
kommission vorgelegt werden sollen. Von seiner Interpretation der Verfassungs- 
urkunde legt ein genügendes Zeugniß seine Behauptung ab (Bd. I S. 510), 
daß das Ministerium beim Erlaß von Nothverordnungen stets gesetzmäßig 
handele, da die Verfassungsurkunde — in Art. 63 — den Erlaß solcher Ver- 
ordnungen gestatte. Bei solchen Verirrungen ist es wohl zu begreifen, daß 
das Bornhak'sche Werk nur getheilten Beifall gefunden hat. 
Das bereits oben, S. 38, erwähnte Werk des Universitätsprofessors 
Dr. Karl Freiherrn von Stengel, Das Staatsrecht des Königreichs 
Preußen, 1894 (Xl., 586) bildet einen Theil (Bd. II. Lieferung 4—8) 
des großen von H. v. Marquardsen und v. Seydel herausgegebenen Hand- 
buches des Oeffentlichen Rechtes. Hieraus läßt sich vielleicht erklären, daß es 
vorwiegend positives Material ohne die — von einem systematischen Werke 
doch gewiß zu erwartende! — prinzipielle Begründung bietet und dasselbe zu- 
gleich in ein wenig wissenschaftliches nach dem Vorwort für alle Abthei- 
lungen des Handbuches vorgeschriebenes — System hineinarbeitet. Dabei ist 
die stylistische Darstellung eine trockene, holgschnittartige. Die staatsrechtlichen 
Partien sind dürftig behandelt und stehen unverkennbar unter Bornhak's Ein- 
fluß, wogegen die — auch die reichsrechtlichen Institutionen aufnehmende — 
Darstellung des Verwaltungsrechts zwar hinsichtlich ihrer Ausführlichkeit eine 
ungleiche, aber inhaltlich wegen ihrer Sachlichkeit und Genauigkeit schätzens- 
 
	        
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