Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

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und einer Vertretung verbundenen zivilrechtlichen Vorstellungen 
anwendbar. Wie v. Melle zutreffend ausführt, versehen die 
Bürgerschattsmitglieder eine spezifische, lediglich in der gesteigerten 
Staatsangehörigkeit des Bürgerrechts begründete staatssittliche 
Pflicht. 
Bei der Untersuchung des Sitzes der Staatsgewalt ist fest yamentiche 
gestellt, dass zwar die wählende Bürgerschaft, das primäre Organ, "Ürserschaft. 
sich in Senat und Bürgerschaft zwei sekundäre Organe bestellt 
hat, dass aber die Ausübung der Staatsgewalt durch den Senat 
geschieht und dass der Bürgerschaft lediglich in der jenen be- 
schränkenden Mitgesetzgebung — denn die Disziplinarfrage 
scheidet wegen der Unmöglichkeit eines Verantwortungsgesetzes 
aus — eine Teilnahme an der Herrschaft zusteht. Nur 
auf diesem Gebiete sind Senat und Bürgerschaft rechtlich gleich- 
wertig und die Verwirklichung dieser Absicht ist dadurch ge- 
währleistet, dass die Bürgerschaft einerseits weder aufgelöst noch 
gegen ihren Willen vertagt noch geschlossen werden, andererseits 
aber sich selbst versammeln kann. Innerhalb ihrer Kompetenz 
ist also die Bürgerschaft ein permanenter Beirat der 
Regierung. 
Ausser durch diekonstruktionelle Verschiedenheit unterscheidet 
sich die hamburgische Bürgerschaft nicht von den parlamenta- 
rischen Versammlungen, den Volksvertretungen der monarchischen 
Bundesstaaten, namentlich nicht durch ihre materiellen Kom- 
petenzen. Die der Gesetzgebung und damit ihr zugewiesenen 
Gegenstände decken sich mit den regelmässigen Aufgaben der 
deutschen Parlamente, und die legislatorische Initiative, wenn 
auch vielfach nicht gewährt, ist doch keineswegs den deutschen 
gesetzgebenden Versammlungen begrifflich fremd. Vor allem hat 
die Bürgerschaft nicht einen Anspruch auf Mit-Repräsentation 
des Staates durch ihren Präsidenten. Die vollkommene Staats- 
vorstandschaft und Staatsrepräsentation gebührt allein dem Senat. 
Wenn dem entgegen thatsächlich bei Staatsakten der Präsident 
oder der Vorstand der Bürgerschaft zugezogen wird, so ist das 
lediglich ein Akt der Courtoisie, ein Akt, der wohlberechtigt ist 
im Hinblick auf die politische Bedeutung der Bürgerschaft. 
Gleich dem Senat ist die Bürgerschaft als Ganzes gegen alle 
politischen, auf Sprengung u. s. w. zielenden Unternehmungen und 
Sind ihre einzelnen Mitglieder gegen Gewalt und Bedrohung in 
Bezug auf Erfüllung ihrer Mandatspflichten strafrechtlich geschützt 
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