Die Rechts-
sprechung.
Die Rechts-
setzung.
Im absoluten,
im konstitu-
tionellen Staat.
Gesetz und
Verordnung.
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Bei der Auseinandersetzung zwischen der Staatsgewalt des
Reiches und der der Bundesstaaten ist der Reichsstaatsgewalt
die gemeinsame Gesetzgebung über das gesamte bürgerliche
Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren (Reichsverf.,
Artikel 4, Nr. 13, Gesetz vom 20.12. 1873) zugefallen. Mit
Fug können wir daher die Rechtssprechung, weil sie der Haupt-
sache nicht mehr hamburgischen Staatsrechtes ist, ausscheiden.
Die staatliche Funktion der Rechtssetzung ist allgemein
gesprochen nichts anderes wie die rechtliche Formulierung
der Staatsbedürfnisse Und zwar kann das durch das Staats-
interesse bedingte Bedürfnis hervortreten sowohl in der An-
ordnung von allgemein verbindlichen Rechtssätzen, von Normen,
wie in der positiven Bestimmung über die Verwendung und Be-
handlung gewisser Sachgüter. Man pflegt diese Funktion im
modernen Staat regelmässig als die Gesetzgebung zu be-
zeichnen, dabei ihre wichtigste Erscheinungsform, das Gesetz,
für das Ganze nehmend.
Es ist ohne weiteres klar, dass die Form der Rechts-
setzung nach der Stelle, an welcher diese Fähigkeit ruht, ver-
schieden sein muss.
Im autokratisch regierten Staat, wo die einzige Stelle
staatlichen Willens die Person des Herrschers ist, ist jede Willens-
äusserung desselben, welche erfolgt, um eine allgemeine verbind-
liche Norm aufzustellen, Rechtssatz,. Naturgemäss wird sich eine
bestimmte Form für solche Willensäusserung nicht finden
lassen, jede ist Rechtssatz. Gesetz wird regelmässig die sich
selbst so bezeichnende Willenserklärung sein oder die in der
üblichen feierlichsten Form erlassene.
Diese Formfreiheit der Rechtssetzung musste aufhören, so-
bald die Rechtssetzung nicht mehr willkürlich von einer Stelle
ausging, sondern auf Grund einer Verfassung an das Zusammen-
wirken bestimmter Faktoren geknüpft war, also, für deutsche
Verhältnisse gesprochen, im konstitutionellen Staat.
Die Verfassung oder besser gesagt das Staatsrecht, be-
grenzte jetzt überhaupt die rechtliche Möglichkeit staat-
licher Rechtssetzung, der Name Gesetz kam nur noch dem
Produkt des Zusammenwirkens der verfassungsmässigen Faktoren zu.
Mit dem Gesetz war aber keineswegs die Möglichkeit und
das Bedürfnis der Rechtssetzung erschöpft. Die die freie
Staatsthätigkeit pflegende Regierung ist fortwährend gezwungen,