Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

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Rat, erwirkten die Freilassung des Heine Brandes und stipulierten 
mit jenem ein Friedensinstrument, das sich neben anderen auf 
Feststellung gewisser bürgerlicher Rechte in der Gesetzgebung 
und in Bezug auf die Verantwortlichkeit der Ratsglieder erstreckte. 
Dieser erste Rezess ist in drei Richtungen vorbildlich geworden. 
Einmal in der Form; denn bis 1712 sind alle Staatsgrundgesetze 
in diese Form privatrechtlichen Vertrages zwischen zwei Parteien 
gekleidet worden. Zweitens in der Sache darin, dass von nun 
an alle neuen Staatsgrundgesetze sich als solche Kompromisse 
zwischen den beiden ständig gegeneinander in Hamburg zu Felde 
liegenden Richtungen, Aristokratie und Demokratie, erwiesen. 
Von diesem Rezess von 1410 an ist der Konstitutionalismus 
die Signatur der hamburgischen Verfassungsbewegungen. Alle, 
nach rechts und links ausschweifenden Verfassungsphasen enden 
immer damit, dass in einem Rezess der ursprünglich fast un- 
umschränkte Alleinherrscher, der Rat, sich dazu verstehen muss, 
seine Allmacht immer weiter durch genau festgestellte Mitrechte 
der Bürger und durch gesetzlich bestimmte Schranken seiner Will- 
kür einengen zu lassen. Träger der konstitutionellen Konzes- 
Sionen ist die Erbgesessene Bürgerschaft. Drittensinhaltlich darin, 
dass in solchen Rezessen staatsrechtliche, privatrechtliche, polizei- 
liche, prozessuale Vorschriften in bunter Reihe gegeben wurden. 
Trotzdem eine hansische Reaktion Rezess und Sechziger be- 
Seitigt hatte (1417), so folgte dem ersten ein zweiter Rezess 
von 1458. Wie jener durch den Hass gegen den teilweise nach 
Hamburg geflüchteten aristokratischen Lübecker Rat veranlasst 
war, so dieser durch die Sympathie mit den hierher gezogenen 
Mitgliedern des verjagten demokratischen Rats zu Lüneburg. 
1483 führt der Aufstand, der sich an den Namen des Böttchers 
oder Brauers Heinrich van Loh, auch Heinrich Hurleke genannt, 
knüpft, zu einem dritten Rezess. Die vom kirchlichen auf 
das staatliche Gebiet übertragene Idee der Reformation zeitigte 
in Hamburg den langen Rezess von 1529. Diesem voran ging 
die ursprünglich nur vom Nikolaikirchspiel gegebene, dann von 
den anderen drei nachgeahmte Gotteskastenordnung, die ın 
Anlehnung an die Leichnams- und Kirchgeschworenen des Mittel- 
alters weltliche Kirchenverwalter und Armenpfleger schuf und 
damit in ihren Oberalten und Diakonen die Anfänge der bürger- 
lichen Kollegien entwickelte. 
Bemerkenswert sind auch noch die Burspraken, Samm-
	        
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