— 41 —
die Staatsgewalt schlechthin geworden. Die solche Staats-
gewalt verkörpernde Machtfülle, welche in der Hand des auto-
kratischen, widerspruchsfreien Königs vereinigt war, erschien
gleichfalls als eine Souveränität und ihr rechtlicher Inhaber
als Souverän. So stellte sich im Sprachgebrauch neben die
eigentliche völkerrechtliche und äussere Souveränität eine innere
Souveränität, die in Wahrheit nichts war wie die recht-
liche Möglichkeit über die gesamte Staatsgewalt zu ver-
fügen. Der Besitz jener stellt also ein vollkommenes Selbst-
bestimmungsrecht des bestimmten Staates fest, diese besagt
nur, wo der Sitz dieser Selbstbestimmung ist.
Um die Begriffsverwirrung voll zu machen, stellte sich die
weitere Gewohnheit ein, von Fürsten- und von Volkssouve-
ränität zu sprechen. Diese Wendung wollte nur bezeichnen,
woher dem Inhaber der Staatsgewalt diese Inhaberschaft geflossen
war. Fürstensouveränität in diesem Sinne involvierte die
Behauptung, dass dem Inhaber der Besitz der Staatsgewalt zu
teil geworden sei durch einen auf göttlicher oder anderer Ein-
setzung beruhenden, auf jeden Fall ausserhalb des Willens des
Volkes liegenden Akt und dass einem solchen Souverän die
Unterthanen lediglich als Objekte seiner von ausserhalb her ihm
gewordenen Herrschaft gegenüberständen. Volkssouveränität
dagegen will besagen, dass die eigentlichen menschlichen Subjekte
der Herrschaft die Volksgenossen seien und dass diese nur
wegen praktischer Unausübbarkeit die ihnen gebührende Herr-
schaft einem oder mehreren Organen übertragen haben.
Nun ist ohne weiteres klar, dass der Mangel der äusseren
Souveränität, also das Vorhandensein einer Abhängigkeit von
andern Gewalten, gerade nach der Seite der inneren Souveränität
wirkt, weil dadurch der Inhaber der Staatsgewalt wegen der
äusseren Abhängigkeit sie nicht gebrauchen kann, wie er will.
Eine solche Bindung der Staatsgewalt ist in allen geschichtlichen
Zeiten bei Gebilden vorgekommen, die politisch schlechthin als
Staaten behandelt sind, und mit Recht verwirft daher heute die
gemeine Meinung den Besitz der Souveränität als ein not-
wendiges Requisit des Staates.
Hamburg hat denn auch eine solche gänzliche Unabhängigkeit
nicht besessen und nicht besitzen können, so lange es eine hol-
Fürsten- und
Volks-
souveränität.
Hamburg ein
nichtsouveräner
Staat.