Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

Der Senat im 
konstitutio- 
nellen Allein- 
besitz der Staats- 
gewalt. 
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sekundäre, Senat und gewählte Bürgerschaft. Beide fungieren 
nicht mehr aus eigenem Recht, sondern kraft Übertragung. 
Da aber das primäre Organ durch die Verfassung auf die Wahlen 
beschränkt ist, so ist trotz der veränderten rechtlichen Kon- 
struktion, trotz der zweifellosen Hamburgischen Volkssouveränität, 
thatsächlich der alte Zustand wieder hergestellt. Der Anteil der 
Bürgerschaft an der Staatsgewalt ist wieder nur der des Kyrion, 
Gesetzgebung und Disziplinargewalt. In allen anderen Dingen 
rücksichtlich der Fähigkeit, die Staatsgewalt zu gebrauchen recht- 
lich unbeschränkt, hat auch der Senat wiederum die Stellung 
eines lediglich durch die konstitutionellen Rechte der Bürgerschaft 
gefesselten Monarchen gewonnen. Praktisch ist also der Senat 
im konstitutionellen Alleinbesitz der Staatsgewalt! 
Dieses, weil der traditionellen Auffassung, die ich selbst 
früher ungeprüft hingenommen habe, widerstrebende, vielleicht 
etwas befremdlich scheinende Resultat ist für das Staats- 
recht das einzig Verwendbare! Denn nun erklärt sich ohne 
Mühe, die sonst unbegreifliche Thatsache, dass der Senat die 
hamburgische Regierung ist, nicht minder erscheint er, 
soweit es sich um landesherrliche Anordnungen handelt, als 
Landesherr, er ist im Verhältnis zum Reich bundesstaatliche 
Zentralbehörde. Das sind ebenso wie der Besitz des Ver- 
ordnungsrechtes Postulate, die für ein vernünftiges Einpassen 
der Republik Hamburg in den monarchischen Charakter des 
Reiches gänzlich unerlässlich sind und die eine staatsrechtliche 
Konstruktion, die die Ausübung der Staatsgewalt schlechthin 
Senat und Bürgerschaft zuweist, einfach nicht erfüllen kann! 
Die Konstruktion verliert aber auch ihre vermeintlichen 
Schrecknisse, wenn man bedenkt, dass der Senat rechtlich 
allerdings in jenem Umfange von der Bürgerschaft völlig un- 
abhängig ist, dass er aber politisch durchaus in einer gewissen 
Abhängigkeit gehalten wird. Im gegebenen Einzelfalle kann 
der Senat — und das ist gewiss als ein unbedingter Vorteil zu 
bezeichnen — gegen Meinung und Willen der Bürgerschaft die 
Staatsgewalt ausüben; für die Dauer aber gegen die dort herr- 
schenden Überzeugungen und Prinzipien zu regieren vermag 
er nicht! Nicht nur, weil er selbst aus den Wahlen der 
letzteren hervorgeht, nicht nur, weil die Gewählten selbst bisher in 
der Bürgerschaft zu sitzen pflegten, sondern auch, weil der Senat, 
in den Persönlichkeiten seiner Mitglieder nicht mit der Un-
	        
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