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der Gewaltenteilung ihren Siegeszug durch die Kulturwelt an-
getreten. Zwar verschlossen sich schon T'heoretiker der Restau-
ration wie B. Constant nicht der Erkenntnis ihrer Unzulänglich-
keit, dieser setzte daher neben die drei Gewalten in Anlehnung
an die Lockeschen Prärogative das pouvoir neutre; allein die
Hamburger Konstituante, vor allem das dominierende Zentrum,
der Tolung "war ganz und gar davon überzeugt, dass sowohl eine begriffliche
Gewalten. Teilung und eine Aufteilung der Staatsgewalt möglich als auch,
dass diese Trennung nach Funktionen und Organen das wahre
Palladium des Konstitutionalismus sei. So entstand der Artikel 8.
Einer der Hauptredner der Konstituante, Trittau, hatte sogar,
unter der Erklärung, dass eine nicht genügende Trennung der
Gewalten den Staat ruiniere, Verfassungsbestimmungen dahin
gefordert, dass keine Person, die an einer der drei Staatsgewalten
teilnähme, Funktionen von einer der beiden anderen ausüben
Verfassung dürfe. Auf welchem Wege dieser Gedanke der Konstituante in
unsere Verfassung gekommen, ist im vorigen Kapitel besprochen.
Mangel dieser Natürlich kann man sich diese nach Erledigung der anderen
Theorien allein noch in Frage kommende Lehre von der Gewalten-
teilung als Erkenntnismittel gefallen lassen. Sobald sie aber
beansprucht einen unwandelbaren Inhalt der Staatsgewalt zu
geben und mehr zu sein als eine Klassifizierung der regelmässigen
Ausflüsse der Staatsgewalt, streitet sie gegen die Lehre von der
Einheit der Staatsgewalt. Die Staatsgewalt ist derart eine natür-
lich gewordene Einheit, dass auch die durch den vergrösserten
Staatszweck bedingten Vermehrungen nicht als Zugaben von
aussen, sondern durchaus als natürliche Auswachsungen von innen
heraus anzusehen sind, ist eine Einheit, die der Zerlegung in
Einzelteile aus ihrem Wesen heraus schlechthin widerstrebt, und
die, eben so variabel wie der Staatszweck, niemals auf ein be-
stimmtes Fassungsvermögen gewissermassen geaicht werden kann.
Gegen die Gewaltenteilung, wie sie speziell in der ham-
burgischen Verfassung beansprucht als Dogma zu gelten, sind
insbesondere zwei Vorwürfe zu erheben. Einmal verkennt
sie, dass die drei Gewalten einander weder begrifflich fremd
sind, noch heute in der Ausübung thatsächlich zu trennen
sind; zweitens erschöpft sie die Erscheinungsformen der Staats-
gewalt keineswegs.
Die Gewalten Man wird annehmen müssen, dass geschichtlich anfangs alles
von Natur ver-
wand. in der Person des Herrschers vereinigte Verwaltung war. Aus