Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

— 91 — 
zu erweitern. Dass von den materiellen Befugnissen die Wahl, 
Vereidigung, Introduktion, Absetzung der Ratsherren durch die 
Bürgerschaft ein ungesetzlicher Übergriff war, ist besprochen, 
ebenso wie die Beeinflussung von Justiz und Verwaltung durch 
die Schlüsse ad hoc und in personam. Die bürgerliche Initiative 
dieser Tage beruhte auch nicht auf einem gesetzlichen Grunde. 
Der Ort der Konvente war der grosse Saal des alten Rat- 
hauses, wo sich unter der „Krone“ die Formalien abspielten; 
die einzelnen Kirchspiele traten in die Kirchspielkammern. Dort- 
hin war grundsätzlich Diskussion und Beratung gelegt; aus 
den Kirchspielschlüssen ward in der Schreiberei der Bürger- 
schluss festgestellt. Stimmte er der Senatsproposition zu, war 
ein Rats- und Bürgerschluss, also ein Gesetz vorhanden. Ab- 
weichende Bürgerschlüsse gaben zu Repliken, Dupliken u. s. w. 
Veranlassung. Durch ständige Verletzung der Formalien und 
Kurialien, durch unordentliche Schlüsse unter der Krone, durch 
unerhörte Häufigkeit und tagelange Dauer der ununterbrochen 
währenden Konvente hatten die Tumultzeiten sie zu regellosen 
Pöbelversammlungen gemacht. 
Die Reform von 1708—1712 setzte zunächst die Erb- 
gesessenen wieder in ihr Recht ein, jetzt aber mit 1000 Reichs- 
thaler freiem Gelde. Ausserhalb der Ringmauern erbgesessene 
Bürger mussten 2000 Reichsthaler freies Geld aufweisen und 
innerhalb der Stadt eigen Feuer und Herd. Die Zulassung und 
Rangordnung der Personalisten wurde neu geregelt, die Graduierten, 
die im 17. Jahrhundert eine Rolle von wachsender Bedeutung 
in den Konventen gespielt hatten, wurden zwar ausgezeichnet, 
aber nur als Erbgesessene zugelassen. Da das freie Geld nach 
heutigem Gelde etwa einen Wert von 35000—40000 Mark dar- 
stellte, wurden der Erbgesessenen sehr wenige. Durch die Herr- 
schaft der Personalisten im Konvent ward Hamburg eine oligar- 
chische Republik, die infolge des zunehmenden Übels der ständigen 
Beschlussunfähigkeit — erforderlich zur Beschlussfähigkeit war 
die Anwesenheit von nur 195 Bürgern im Konvent — immer 
mehr einer thatsächlich autokratischen Ratsherrschaft ausgeliefert 
ward. 
Das Testament der Zwanziger und die Reformer von 1842 
wollten im grossen und ganzen an der Erbgesessenen Bürger- 
schaft nicht viel ändern, namentlich hielten sie noch an der 
Idee des persönlichen Stimmrechts der Bürger fest. 
Der Haupt- 
rezess.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.