Full text: Staatsrecht des Königreichs Bayern.

53. Die Landstände. 3 
des Landesstaatsrechtes wurden, erfolgte in Niederbayern 1347, in Oberbayern 1363 zwischen Adel 
und Städten. Die Prälaten traten erst später, dort 1394, hier 1395 bei. 1506 bei Vereinigung 
der bayerischen Lande vereinigten sich auch deren Stände zu Einer Landschaft. 
Das zwischen Landesherrn und Ständen vereinbarte Recht war in den Frei= oder Freiheits- 
briefen enthalten, deren 64 aus den Jahren 1311—1568 die von der Landschaft selbst veranlaßte 
Druckausgabe vom 26. August 1568 bilden. 
Den Gipfelpunkt ihrer Macht erreichten die Landstände im Anfange des 16. Jahrhunderts. 
Das Streben der Herzoge einerseits, ihre landesherrlichen Rechte zu erhalten und wo mög- 
lich wieder auszudehnen, der Landstände andererseits, in ihren Freiheiten sich zu behaupten und in 
die fürstlichen Gerechtsame sogar überzugreifen, erzeugte vielfachen Zwist und damit das Bedürf- 
nis des Ausgleiches. Schon unter Albrecht dem Weisen hatten Verhandlungen über die Mäßigung 
und Erklärung der Landesfreiheiten begonnen; sie kamen jedoch erst unter der vormundschaftlichen 
Negierung zum Abschlusse, die nach seinem Tode folgte. Am 11. September 1508 wurde die Er- 
klärung der Landesfreiheit erlassen. Dieselbe erhielt ihre letzte Fassung unter Albrecht 
V. im Jahre 1553 und ist so wörtlich in das Gesetzbuch Maximilians I. von 1616 übergegaugen. 
Der Landesherr sollte beim Regierungsantritte erst nach Bestätigung der Landesfreiheit die 
Erbhuldigung der Landschaft empfangen, und es sollten die landesherrlichen Bediensteten bei ihrer 
Verpflichtung auf die Landesprivilegien vereidigt werden. 
An die letzte Landesfreiheitserklärung schloß sich noch unter Albrechts V. Regierung der 
Freibrief vom 22. Dezember 1557, der nur der RNitterschaft erteilt ist. Indem dieser die Einrich- 
tung der Edelmannsfreiheit ausbildete, wurde er die Ursache, daß Rechtspflege und Verwaltung, 
durch die Patrimonialgerichtsbarkeit ohnedies schwer geschädigt, vollends in Zerrüttung gerieten. 
Der Niedergang der Landstände folgte ihrer höchsten Machtentwicklung unmittelbar. Er 
beginnt im zweiten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts und steigert sich unter der kraftvollen Re- 
gierung Maximilians I. zur offensichtlichen Ohnmacht. Maximilian berief 1612 die Landschaft, um 
dann 39 Jahre lang ohne dieselbe zu regieren. Zum letzten Male berief Ferdinand Maria die 
Landschaft im Jahre 1669. Seit jener Zeit wurde die Landschaft zu keiner, ihr Ausschuß nur zu 
formeller Teilnahme an den Landesangelegenheiten berufen. 
Die Landschaft bestand aus den drei Ständen der Prälaten (wozu auch die Universität 
zählte), der Ritter (Landsassen im Besitz eines landtäfligen Gutes) und der Städte und gebannten 
Märkte. Oberhaupt war der Erblandmarschall, Kanzleivorstand der Landschaftskanzler. Zur Be- 
ratung der landesherrlichen „Propositionen“ wählte der „Landtag" einen „großen Ausschuß“ von 
64 Mitgliedern, wozu der Marschall und der Kanzler traten. Vor Landtagsschluß wurde ein 
kleiner Ausschuß von 16 Mitgliedern, die „Verordnung“ gewählt, welche von Landtag zu Landtag 
die ständischen Rechte wahrzunehmen hatte. Die 1669 gewählte Verordnung blieb, obschon nur für 
9 Jahre bevollmächtigt, ständig und ergänzte sich durch Wahl. 
Die Landschaft hatte die Rechte einer Körperschaft. Sie war dem zu Folge vermögensfähig, 
hatte eigenes Archiv, Siegel und Kanzlei und eine eigene Landschaftskasse, ferner das Recht, neue 
Mitglieder aufzunehmen und ihre Bediensteten anzustellen und zu entlassen. 
Die staatsrechtlichen Befuguisse der Landschaft erstreckten sich sowohl auf die inneren, wie 
auf die auswärtigen Augelegenheiten. Man sprach dabei von einem Repräsentationsrechte der 
Stände. Damit wurde der Rechtssatz zum Ausdrucke gebracht, daß in denjenigen Augelegenheiten, 
bei welchen ihnen ein Mitwirkungsrecht zukam, dasselbe nicht auf jene Fälle beschränkt war, wo 
ihrer oder ihrer Hintersassen Interessen beteiligt erschienen. 
Auf dem Gebiete der inneren Landesangelegenheiten hatte die Landschaft vor allem das 
Recht der Mitwirkung bei der Gesetzgebung. Dieses Recht bezog sich auf alle Gesetze ohne Unter- 
schied, mochten sie die Rechte der Landstände berühren oder nicht; es war ferner nicht bloß ein 
Recht des Beirates, sondern auch der Zustimmung. Nur zum Erlasse von Vollzugsverordunngen 
zu den Gesetzen war der Landesherr allein befugt. 
Allerdings entsprachen diesen Sätzen im späteren Verlaufe der Dinge die Tatsachen nicht 
mehr. Das Mitwirkungsrecht der Stände bei der Gesetzgebung wurde schon im 17. und noch mehr 
im 18. Jahrhunderte von den Landesherren vielfach mißachtet. 
Sehr erheblich waren die landständischen Rechte in bezug auf das Finanzwesen. Den Land- 
ständen kam vor allem die Bewilligung der direkten und indirekten Steuern zu. Der Ausgangs- 
punkt dieses Bewilligungsrechtes war der Gedanke, daß der Landesherr als solcher kein Recht be- 
sitze, Steuern zu fordern, sondern Abgaben nur als Grundherr verlangen könne. Die Stenerer- 
hebung stellte sich sonach als ein Eingriff in den Privatrechtskreis dar. Die Entrichtung von 
Steuern durch die freien Güterbesitzer erschien daher rechtlich nur als freiwillige Leistung möglich, 
die der Landesherr zu erbitten hatte. Dieses Verhällnis zum klaren Auedrucke zu bringen, war 
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