Full text: Staatsrecht des Königreichs Bayern.

88. Die Behörden der Rechtspflege und der Verwaltung. 15 
Aeußern, der Justiz, des Innern, der Finanzen und der Armee eingeteilt. Jedes derselben wird 
mit einem eigenen Minister besetzt. 
Der Kabinetsbefehl an den k. Staatsrat vom 15. April 1817 regelte die Bildung und den 
Geschäftsgang der Staatsministerien des Näheren. 
Neben dem Gesamtministerium als oberster vollziehender Stelle schuf die Verfassung von 
1808 nach dem Vorbilde des französischen Staatsrates einen geheimen Rat als oberste beratende 
Stelle. Das organische Edikt vom 4. Juni 1808 traf die näheren Anordnungen. 
Der geheime Rat hatte über die wichtigsten inneren Angelegenheiten des Reichs zu berat- 
schlagen, die Gesetze und die Hauptverwaltungsverordnungen nach den von den Ministerien mitge- 
teilten Grundzügen zu entwerfen, insbesondere das Gesetz über die Staatsanflagen oder das Finanz- 
gesetz. Zugleich aber sollte er richterliche Aufgaben erfüllen: als oberste Instanz für administrativ- 
kontentiöse Sachen, als entscheidende Instanz bei Zuständigkeitsstreiten zwischen den Behörden der 
Rechtspflege und der Verwaltung, endlich als beurteilende Stelle für die Vorfrage, ob öffentliche 
Beamte wegen begangenen Verbrechens zur gerichtlichen Verantwortung zu ziehen seien. 
Die Verordnung vom 2. Febrnar 1817 über die Bildung und Einrichtung der obersten 
Staatsstellen verwandelte den geheimen Nat in einen Staatsrat. Dessen Formation und Dienstes- 
instruktion bestimmte die Verordnung vom 3. Mai 1817. Er erhielt gleich seinem Vorgänger, dem 
geheimen Rate beratende und erkennende Aufgaben zugewiesen. Die Rekurse in gemischten Rechts- 
sachen sollten durch eine besondere Kommission unter dem Vorsitze eines Staatsrates entschieden werden. 
2. Pehörden der Landesverwaltung und Gemeinden. Die Verwaltungsmittelstellen erfuhren in- 
folge der Verfassung von 1808 eine übermäßige Vermehrung. 
Tit. 1 § III der Verfassung bestimmte, daß das Land ohne Rücksicht auf die seitherigen 
Provinzen in möglichst gleiche Kreise nach natürlichen Grenzen zu teilen sei. 
Die Verordnung vom 21. Juni 1808 bildete nun 15 Kreise, die in französischer Weise nach 
Flüssen benannt wurden. 
Im Vollzuge der Vorschrift des Tit. 3 §5 IV der Verfassung regelte sodann eine Verord- 
nung vom 17. Juli gl. Is. die Formation, den Wirkungkreis, den Geschäftsgang der Kreisver- 
waltungsstellen, welche den Namen General-Kreis-Kommissariat erhielten. 
Das Jahr 1810 brachte auch für die Kreisstellen eine neue Gestaltung. Die Verordnung 
vom 23. September teilte das Königreich in neun Kreise. 
Einen weiteren Abschnitt der Entwickelung bezeichnet das Jahr 1817. Im Vollzuge der 
schon früher erwähnten organisatorischen Verordnung vom 2. Februar 1817 wurde das Königreich 
durch Verordnung vom 20. gl. Mts. in acht Kreise geteilt. 
Nach dem Vorbilde, welches bereits im vorausgegangenen Jahre in der Pfalz aufgestellt 
worden war, wurden durch die Formationsverordnung vom 27. März 1817 Kreisregierungen ge- 
schaffen, die sich unter einem Generalkommissäre und Präsidenten als Vorstand in zwei Kammern, 
des Innern und der Finanzen, gliederten. Diese Verordnung bildet den Ausgangspunkt des 
geltenden Rechtes. 
Die äußeren Behörden der Verwaltung auf dem Lande — die Landgerichte und die guts- 
herrlichen Gerichte — blieben während des ganzen hier geschilderten Zeitraums, wie noch lange 
nachher, zugleich Organe der Rechtspflege. Es kann daher von ihnen im Zusammenhange mit den 
Bemerkungen über die Entwickelung der Gerichtsverfassung gehandelt werden. 
Die Verhältnisse der Gemeinden wurden durch die Edikte über die Bildung der Gemeinden 
vom 28. Juli 1808 und über das Gemeindewesen vom 24. September 1808 geordnet. Die Nach- 
ahmung französischer Vorbilder erwies sich hier verhängnisvoll. Da die Gemeinden (Ruralgemein- 
den und Städte und größere Märkte) in unbedingte Abhängigkeit von den Staatsbehörden gesetzt 
wurden, konnte ein selbständiges Gemeindeleben sich nicht entwickeln. Das Verdienst der Gesetz- 
gebung von 1808 war nur ein verneinendes: die Beseitigung unhaltbar gewordener Zustände. 
Uebrigens ist das Gemeindeedikt von 1808 niemals völlig zum Vollzug gekommen. 
Durch Verordnungen vom 17. November 1816 und vom 6. März 1817 wurde zuerst mit 
den bisherigen Verwaltungsgrundsätzen gegenüber den Gemeinden gebrochen, die Armenpflege de- 
zentralisiert, den Gemeinden die Verwaltung des örtlichen Stiftungs= und des Gemeindevermögens 
zurückgegeben. Im inneren Zusammenhange mit der Verfassung erging sodann das Gemeindeedikt 
vom 17. Mai 1818, das den Gemeinden eine wesentlich freiere Bewegung einräumte. 
3. Gerichtsverfassung. Die Konstitution von 1808 gab auch den Anstoß zu einer neuen Ge- 
richtsverfassung. Zum Vollzuge des fünften Titels der Konstitution erging das organische Edikt 
vom 24. Juli 1808. Dasselbe sprach den Grundsatz aus: „Die Justiz kann in Unserem ganzen 
Königreiche nur von den von Uns neu organisierten oder bestätigten Gerichtshöfen in Unserem Namen, 
nach Unseren Gesetzen und Vorschriften verwaltet werden.“
	        
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