80. Der Staat und die Glaubensgesellschaften. 17
bis sie im Jahre 1814 eingestellt wurden.
Die Getränkaufschläge wurden in den Jahren 1806 —1811 neu geregelt. Von 1811—1819
bestand auch eine Tabakregie.
Zm Jahre 1811 wurde an die dringend notwendige Reorganisation der Staatsschuldenver-
waltung angetreten. Eine Verordnung vom 20. Angust 1811 sprach den Grundsatz der Trennung
dieser Verwaltung von der übrigen Finanzverwaltung aus. Eine besondere Schuldentilgungskasse
wurde errichtet und einer Staatsschuldentilgungskommission unterstellt.
Der neuen Kasse wurden bestimmte Fonds zur Zinszahlung und Schuldentilgung überwiesen.
Die betreffenden Renten und Gefälle sollten von den Erhebungsbeamten unmittelbar an die Staats-
schuldentilgungskommission eingesandt werden. Letztere hatte für den richtigen Eingang zu sorgen
und für die bestimmungsgemäße Verwendung zu haften. Neue Schulden sollte die Kasse nur nach
Ausmittelung hinlänglicher Fonds für Verzinsung und Heimzahlung übernehmen.
Die neue Einrichtung fand ihre, bereits durch die Verordnung vom 20. August in Aussicht
gestellte Ergänzung durch die Verordnung vom 17. November 1811.
Letztere bestimmte: „Die ganze bayerische Staatsschuld unterliegt einer allgemeinen Revision,
und was davon noch nicht förmlich liqnidiert, als gültige Staatsschuld dekretiert und wirklich schon
verzinst worden ist, wird überdies noch der Liquidation unterworfen.“
Mit Leitung dieser Geschäfte wurde eine Staats-Schulden-Liquidations-Kommission betraut.
Die Verordnung vom 20. August 1811 hatte auch die Zusicherung enthalten, es werde für
eine fortwährende Ordnung der Staatsfinanzen durch eine strenge und genaue Komptabilität Sorge
getragen werden. Die Verordnung vom 20. Oktober 1812 brachte die Erfüllung dieser Verheißung.
Die Prüfung der Finanzrechnungen vom Jahre 1811/12 ab wurde einem obersten Rech-
unngohofe übertragen, der unmittelbar dem Finanzministerium untergeordnet wurde.
III.
Die Reformarbeit der Montgelas'schen Regierung erstreckte sich auch auf die Hebung des
Staatsdienstes. Eine Reihe von Mißständen, die Anwartschaften und Adjunktionen, die
Erbpflegen wurden abgeschafft, das Prüfungswesen geordnet. Das weitaus bedeutsamste Gesetz
aber ist die unterm 1. Januar 1805 erlassene „Haupt-Landes-Pragmatik über die
Dienstverhältnisse der Staatsdiener vorzüglich in Beziehung auf ihren Stand und
Gehalt“. Dieses Gesetz, eine der größten Leistungen des Ministeriums Montgelas, ist für die Ge-
schichte nicht nur des bayerischen, sondern auch des deutschen Staatsdienerrechts epochemachend ge-
wesen. Zum ersten Male in Deutschland war hier eine befriedigende und erschöpfende Bestimmung
des Staatsdienstverhältnisses nach Gesichtspunkten des öffentlichen Rechtes gegeben.
Man muß, um die Bedeutung des Werkes zu verstehen, den unerfreulichen Zustand mit
berücksichtigen, worin sich das Staatsdienstrecht zuvor in der wissenschaftlichen und, was wenigstens
Bayern anlangt, auch in der praktischen Behandlung befand. Dann wird man das Lob nicht über-
trieben finden, welches Gönner in einem der geistvollsten Bücher, die unsere staatsrechtliche Li-
teratur aufzuweisen hat 1), der Pragmatik von 1805 spendet, daß sie „ein unübertreffliches Muster
der weisesten Legislation“ darstelle.
Die Staatedienerpragmatik bildet, wenn sie auch nur zum Teile noch formell bestehendes
Recht ist, doch in ihren wesentlichen Bestimmungen sachlich die Grundlage des geltenden bayerischen
Staatsdienerrechtes. Die Abschwächungen, welche die staatsdienerlichen Rechte mit Rücksicht auf
die Finanzlage später, besonders infolge der Verfassung von 1808 erfuhren, sind durch die Ver-
fassungsurkunde von 1818 wieder beseitigt worden, die sich im Staatsdieneredikte zu den Grund-
sätzen der Pragmatik zurückwandte.
§ 9. Der Staat und die Glanbensgesellschaften. Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche
wurde unter Maximilian IV. Josef sofort ein völlig anderes. Die katholische Kirche hörte
auf, die Landeskirche Bayerns zu sein.
Nachdem eine kurfürstliche Entschließung vom 10. November 1800 ausgesprochen hatte, „daß
bei der Ansäßigmachung in Unseren sämtlichen heroberen Staaten“ die katholische Religionseigen-
schaft nicht ferner als eine wesentliche Bedingnis anzusehen sei, dehnte ein Edikt vom 10. Januar
1803 die Glanbensfreiheit auch auf die Herzogtümer Franken und Schwaben aus. In diesem
Edikte, in dem insbesondere das Necht der Staatsaussicht über das Kirchenwesen betont wird, zeigen
sich die ersten Ansätze des modernen Kirchenstaatsrechtes.
Durch eine Mehrzahl von Verordnungen wurde die Zulässigkeit gemischter Ehen ausgesprochen
1) Gönner, der Staatedienst aus dem Gesichtspunkt des Nechts und der Nationalökonomie
betrachtet. Landeshut 1808.
Handbuch des Oessentlichen Rechts II, 4. Bavern. 3. Auflage. 2