Full text: Staatsrecht des Königreichs Bayern.

62 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. III. Der Landtag. 8 24. 
Im ersteren Falle und ebenso bei Ersatzwahlen sind auf Anordnung des Staats- 
ministeriums des Innern die noch vorhandenen Wahlmänner des Wahlkreises zur Vor- 
nahme der Abgeordnetenwahl einzuberusen. Eine Ersatzwahl für die etwa in Wegfall ge- 
kommenen Wahlmänner findet nur dann statt, wenn innerhalb einer Ausschlußfrist von 
wenigstens 8 Tagen mindestens 20 Urwähler des Wahlkreises es verlangen (Wahlges. 
Art. 35 Abs. IV). 
Die bezeichnete Frist wird nach eingetroffener Weisung des Staatsministeriums des 
Innern von der Distriktsverwaltungsbehörde nach Bedarf festgesetzt. 
Umfaßt eine Wahlvernichtung auch ganz oder teilweise die Urwahlen, so sind diese 
bei der Nachwahl nach Maßgabe der ministeriellen Anordnungen gleichfalls zu wieder- 
holen, wobei unter Umständen die Umbildung von Wahlbezirken nötig werden kann. Be- 
züglich der Wahlmännerersatzwahlen in den Urwahlbezirken, deren Wahlen unbeanstandet 
geblieben sind, gelten die oben erörterten Vorschriften. 
Die Wahlkreis= und Wahlbezirkseinteilung, welche für die allgemeinen Wahlen ge- 
troffen ist, muß auch für die besonderen Wahlen unverändert bleiben, soferne nicht der 
Grund einer Wahlvernichtung eben in jener Einteilung gelegen war. 
Die Abgeordnetenkammer hat das Recht der Legitimationsprüfung bezüg- 
lich ihrer Mitglieder (Geschäftsgangsgesetz Art. 5). Die Kammer kann die Legitimation 
anerkennen oder den Abgeordneten zurückweisen, nicht aber an Stelle desjenigen, der bei 
der Wahl als gewählter Abgeordneter verkündet wurde, einen anderen setzen. 
Das Recht der Wahlbeanstandung kommt zu: 
1. der Staatsregierung, 
2. jedem Wahlberechtigten bezüglich der in seinem Wahlkreise gewählten Abge- 
ordneten. 
Die Wahlanfechtungen sind an eine zehntägige Ausschlußfrist gebunden. Dieselbe 
berechnet sich für die Regel vom Tage nach Eröffnung des Landtages; bei Nachwahlen 
oder Ersatzwahlen, wenn sie während einer Landtagsversammlung statifinden, vom Tage nach 
der Feststellung des Wahlergebnisses, wenn sie bei nicht versammeltem Landtage stattfinden, 
vom Tage nach dem Tage des Wiederzusammentrittes der Kammer. Das die Anfechtung 
enthaltende Schriftstück muß noch innerhalb der Frist in den Einlauf der Kammer ge- 
langen (Geschäftsgangsgesetz Art. 5). 
Die Bestimmungen der Geschäftsordnung über das Legitimationsprüfungsverfahren 
(Abteilungen, Wahlprüfungsausschuß, Plenum) sind der Geschäftsordnung des deutschen 
Reichstags nachgebildet. 
Verlust der Abgeordneteneigenschaft kann nach anerkannter Legiti- 
mation eintreten: durch Verzicht (Wahlges. Art. 35), wegen Nichterfüllung der Pflicht zur 
Anwesenheit und unmittelbar kraft Rechtssatzes. 
Bezüglich des zweiten Falles ist (Geschäftsgangsgesetz Art. 27, 28) folgendes be- 
stimmt: 
Wenn im Anugenblicke einer Abstimmung die zur Beschlußfähigkeit notwendige Zahl 
von Mitgliedern nicht versammelt ist, „so hat der Präsident die Abwesenden für die nächste 
Sitzung persönlich zu laden und die Ladung bescheinigen zu lassen“. 
„Jedes Mitglied der Kammer der Abgeordneten, welches nach geschehener zwei- 
maliger richtig nachgewiesener Ladung auf die dritte, unter Androhung des Ausschlusses 
an ihn (dasselbe) ergangene und nachgewiesene Vorladung weder erscheint noch sein 
Ausbleiben durch genügend dargelegte Gründe rechtfertigt, wird als ausgetreten be- 
trachtet.“" 
Die sonstigen gesetzlichen Gründe des Erlöschens der Abgeordneteneigenschaft sind 
teils allgemeine: Ablauf der Wahlperiode und Auflösung der Kammer, teils besondere:
	        
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