Full text: Staatsrecht des Königreichs Bayern.

78 Zweiter Abschnitt: Staat und Staateverfassung. IV. Die Staatsbehörden. 30. 
Die Bestimmungen über die Ministeranklage sind auf den Kriegsminister auch dann 
anwendbar, wenn derselbe Offizier ist. Allein der Kriegsminister unterliegt in solchem 
Falle nur in seiner Eigenschaft als Zivilstaatsdiener d. h. als Minister und Staatsrat der 
Aburteilung durch den Staatsgerichtshof. Dagegen kann das Urteil dieses Gerichtshofes 
niemals Wirkungen auf das militärische Dienstverhältnis des Ministers äußern. 
Sämtliche Minister bilden als Gesamt= Staateministerium — abgesehen von einzelnen 
Fällen in welchen demselben eine kollegiale Entscheidung zusteht, — ein beratendes Organ 
der Krone, den Ministerrat. Den Vorsitz im Ministerrat führt der Staatsminister 
des königlichen Hanses und des Aeußernt). Der Vorsitzende hat übrigens nur die for- 
melle Geschäftsleitung. Eine dem Gesamtstaatsministerium nur ausnahmsweise zugewiesene 
Tätigkeit ist die des Regentschaftsrates im Falle der Reichsverwesung (Verf.-Urk. Tit. II. 
§§ 19 mit 129. 
Hinsichtlich der Verteilung der Staatsgeschäfte unter die Mini- 
sterien ist auch nach Erlaß der Verfassungsurkunde das Organisationsrecht der Krone 
unbeschränkt geblieben. Die Formationsverordnung für die Ministerien vom 9. Dezember 
1825 (R.-Bl. S. 977) beließ es zunächst bei den fünf Ministerien, die der Kabinettsbefehl 
vom 15. April 1817 geschaffen hatte. Die Ministerialeinteilung hat sich indessen seither 
mehrfach geändert. Von 1848 bis 1871 bestand ein Staatsministerium des Handels und 
der öffentlichen Arbeiten :). Ein Staatsministerium des Innern für Kirchen= und Schul- 
angelegenheiten, das schon früher (1847/18) vorübergehend errichtet worden war, besteht 
seit 1849 ). 
Nach alledem gibt es zur Zeit sechs Staatsministerien: des königlichen Hauses und 
des Aeußern, der Justiz, des Innern, des Innern für Kirchen= und Schulangelegen- 
heiten, der Finanzen und das Kriegsministerium. 
Der Personalbestand") der Ministerien bestimmt sich nach den jeweiligen etatsmäs- 
sigen Mitteln. Die Geschäftserledigung erfolgt im Bureauwege. Der Minister allein ent- 
scheidet und ist für die Entscheidungen verantwortlich. 
Die Geschäftsverteilung unter die Ministerien ist im einzelnen folgende: 
I. Das Staatsministerium des k. Hauses und des Acußeren ver- 
einigt zur Zeit in seiner Zuständigkeit vier Gruppen von Gegenständen. 
Als Ministerium des königlichen Hauses zählt es zu seinem Geschäftskreise die Rechts- 
verhältnisse des Königs und der Mitglieder seines Hauses als solcher, ferner die Aussicht 
und oberste Leitung des Haus= und Staatsarchivs. 
Eine zweite Gruppe von Geschäftsgegenständen bilden die Ordens= und Adelssachen 
sowie die Thronlehen, letztere benehmlich mit dem Staatsministerium der Finanzen. 
Der Wirkungskreis des Ministeriums als Ministerium des Aeußern umfaßt die Be- 
ziehungen Bayerns zum deutschen Reiche und zu fremden Staaten, die Besorgung und 
Vertretung der Angelegenheiten bayerischer Staatsangehöriger anßer Landes einschließlich 
der Dispensationsgesuche beim päpstlichen Stuhle, endlich die Beglaubigung aller Akte, 
welche außer Landes gültig sein sollen und das „Paßwesen in das Ausland“. 
Als Ministerium der Verkehrsanstalten hat das Ministerinm des Aeußern die oberste 
Aufsicht über das Eisenbahn-, Post= und Telegraphenwesen, die oberste Leitung der 
Staatsanstalten für den Verkehr (Posten, Eisenbahnen, Telegraphen, Telephone, Dampf- 
1) Kgl. Entschließung vom 256. März 1848 (Weber III S. 677); Allerh. Entschließung 
vom 1. „Jumi 1890 (G. WBl. S. 423 f.). 
2) M.O. vom 11. November 1848 und 1. Deie ember 1871 (Weber IV S. 4, IX S. 161). 
) V.O O. vom 16. März 1849 (Weber IV S. 27. 
1 lleber die Befugnisse des #eneralsebretars vgI. neben der Zgorm. V. O. 88 124, 125 die 
Min. Bek. vom 6. April 1897 (G. VB. Bl. S. 607.
	        
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