— 60 —
identifizieren ist, als Vertreter der Regierung — die Agnaten-
eigenschaft könnte eine solche Vertretung als möglich er-
scheinen lassen — auch deshalb niemals anzusehen ist, weil
sie zumeist wenigstens im persönlichen Interesse handelt und
eigene, wirkliche oder vermeintliche Rechte wahrnimmt, nicht
aber im Interesse des Staates tätig wird; auch aus diesem
Grunde muss eine Subsumierung des Begriffes „ Thronfolge-
streitigkeiten« unter den Begriff „Verfassungsstreitigkeiten “
— letzterer Begriff ist natürlich im Sinne des Art. 76 Abs. 2
R.V. zu nehmen — als unzulässig erscheinen.
Danach erscheint es als nicht leicht erklärlich, wie
Rochowsky ohne weitere Begründung den Satz aufstellen
kann: „Streitigkeiten über die Regierungsnachfolge sind jedoch
stets als innere Verfassungsstreitigkeiten unter den bezeichneten
Absatz zu subsumieren.*?) Das Gegenteil ergibt sich viel-
mehr als logische Konsequenz der obigen Ausführungen.
2. Subsumierung des Begriffes „Thronfolgestreitig-
keiten“ unter den Begriff „Streitigkeiten zwischen
verschiedenen Bundesstaaten“.
Es ist nicht zu verkennen, dass bei „Streitigkeiten
zwischen verschiedenen Bundesstaaten“ als streitende Parteien
nur Bundesstaaten in Betracht kommen können und dass als
solche Bundesstaaten die in den Artikeln 1 und 6 der Reichs-
verfassung aufgeführten Staaten zu gelten haben. Die Frage,
ob Staatengebilde besonderer Art als Bundesstaaten im Sinne
dieser Vorschrift auftreten können, ist bereits oben beantwortet
worden, es kann deshalb hier auf das Ergebnis jener Unter-
suchung verwiesen werden.
Ganz unzweideutig bringt die Reichsverfassung ausser-
dem zum Ausdruck, dass diese Bundesstaaten als Staaten
einander gegenüber treten müssen, dass also Bundesfürsten
nur als 'Vertreter ihrer Staaten in einem solchen Streite
zwischen Bundesstaaten als Partei auftreten können, und dass
2) Rochowsky, Der reichsrechtliche Schutz der in den Einzelstaaten
bestehenden Thronfolge S. 33.