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Damm ist das Gedächtnit eine Niederlage erwordener Kenntnifse, und das mit dem Verstande und Ge-
dächtniß zugleich Aufgefaßte, erleichtert wieder den folgenden Unterricht. "
14. Eine andere Regel der guten Methode ist; daß der Lehrer bei jedem Unterrichte mehrere Zwecke
zugleich zu erreichen suchen foll. Z *
Die Entwiklung der Denkkraft, durch Schärfung der Aufmerksamkeit, durch Vergleichung mehrerer Ge-
enstände, Veobachtung des Aehnlichen und Verschiedenen soll schon bei der Erlernung der Buchstaben, der
Kblen , und so bei jedem Fortschrirte im Lesen und Schreiben als wichtiger Mirzwek berüksichtiget werden.
Es is eine Sch uli bung, bei welcher der Lehrer nicht zugleich auf Bildung des Verstandes hinarbeiten
kann und soll.
Die Lesebuͤcher und Vorschriften zum Schreiben sollen immer einen Vorrath gemeinnuͤziger Kenntnisse aus
der Moral, Geschichte, Geographie 2c. oder Muster von. Briefen, Quittungen, und andern im gemeinen ##
ben brauchbaren Aufsäzen enthalten. #-
5. 15. Nichts wirkt so sehr auf den Berstand, und die Anschauungskraft der Kinder, als wenn man
öfters mit ihnen Kopfübungen vorninunt, das ist, sie, sobald sie die Buchstaben kennen, ohne Beihälse der
Tafel oder der Fibel blos aus dem Kopse Sylben zusammensezen, buchstabiren und spllabiren, ja in der Fol-
ge ganze Scze zusammenfassen, und gleichsam aus dem Kopfe lesen läßt. Es versteht sich, daß die Seze
den Kinrern verständlich und aus ihrem Erfahrungskreise hergenommen seyn mussen. So muß auch das Rech-
nen aus dem Kopfe mit ihnen froher, als das Rer nen an. der Tafel vorgenommen werden. Wobei nur zu
bemerken ist, daß die ersten Gegenstände des Reü#nens sinnlich, das ist, von dem, was den Kindern zunaͤchst
liegt, was sie in der Schule vor sich sehen, Fenster „Bänke, Bücher, Kinder 2c. entlebnt seyn sollen.
Die Beschäftigung des Kopfes durch Zusammensezen und Trennen, durch Beobachten und Vergleichen,
durch alle Gattungen der Verstandes = Uebungen machen den Realgewinn des Schulunterriu#tes aus, lesen,
schreiben, rechnen, kann man mechanisch lernen und lehrenz. es bleibt alsdann bloß beim Gelernten, und der
Schüler macht, in der Folge nur sclavisch (ohne Nachdenken) nach, was, und wie es ihm in der Sckule vor-
ezeigt worden. Ja, die bloß im Gedächtniße haftenden Kunstgriffe werden in der Folge bald wieder verges-
O weil sie in dem Nachdenken, in der entwickelten und gebildeten Denkkraft keie Stübe haben. Ohne kie
Erweckung des Nachdenkens, des Beobachtungsgeistes, ohne Beschäftigung und Ausbildung der Denkkraft ist
aller Schulunterricht ein todter, unfruchtbarer Briuchstabe-
10. Uauch dieß erleichtert den Unterricht der Kinder sehr, wenn ihnen die Gegenstände des Unterrichts
versinnlickt werden. Dieß will nicht bloß sagen, daß man ihnen Bilder= Böücher darlegen soll, in welchen
verschiedene Gegenstände der Geschichte, der: Naturgeschichte, des Menschenlebens 2c dem Auge vorgezeichnet
sind, sondern der Unterrscht selbst soll versinnlichen, imdem er Beispiele, Gleichnssse aus dem Hreie der Kin-
derwelt herholt, oder die Anwen ung jedes vorgetragenen Sazes auf die sumischen Ungebungen der Kinder
macht. »
ch§. 17. Vor allem aber soll den Kindern der Schulbe such angenehm gemacht werden, damit sie nicht
mit Abneigung in die Schule kommen, und diese als ihren Kerker, oder als einen Ort der Marter betrachten
Sie lernen doppelt schnell, wenn sie am Lernen Vergnügen finden, und diet wird geschehen, wenn ihnen
a) das zu Erlernende klar, kurz und faßlich, und wie gesagt, in so viel möglich versinnlichter Gestalt
getragen wird. .
vois 8 Wenn sie nicht so sehr mit Lektionen, oder mit zu, vielerlei Gegenständen überhäuft werden, und
besonders die ganz kleinen Schüler der ersten Klasse nicht zu lange in der Schule sizen bleiben müssen, son-
dern früher entlassen werden. *
- ch Wenn sie mit vaͤterlicher Liebe vom Schullehrer behandelt, bei ihren Fehlern mit Sanftmuth gelei-
tet, und bei der Langsamkeit oder Schwäche ihrer Fässungskraft mit Geduld unterrichtet werden; und wenn
sich der Lehrer sowohl im Unterrichte, als in Belohnungen und Strafen überall der Fähigkeit, und dem Be-
Vürfnisse der Kinder anschmnegt. J
d) Endlich, wenn der Lehrer auch die Kunft versteht, ihren Wetteifer und ihre Lernbegierde zu erregen.
Wenn aber hier gesagt wird, daß man den Kindern den Schulbesuch, und das Lernen angenehm machen foll;
#e will man dadurch nicht sagen, daß man die Kinder durch Spielwerke belehren, und eine tändelnde Lehrme-
Hode annehmen soll; ansirengung des Verstondes, anhaltendes ermlliches Lernen ist auch bei der Jugend ns-
thig; nur muß man die Kunst verstehen sie dazu zu reizen, und sie die Mühe des Lernens durch ein sanftes
Letragen und durch faßlichen Unterricht gleichsam vergessen zu machen.