674 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 160.
bieten oder verbieten. Ein solches Gebietungs- und Verbietungs-
recht in der Form allgemeiner Anordnungen mit Strafandrohung
stand den Polizeibehörden bis zum Beginn des neunzehnten Jahr-
hunderts in sehr umfassendem Maße zu?. Infolgedessen hatte sich
neben dem „peinlichen Recht“ ein besonderes sogenanntes „Polizei-
strafrecht® entwickelt. Während jenes mehr die Aufgabe hatte, die
Rechtsordnung aufrechtzuerhalten, sollte dieses den Zwecken der
öffentlichen Sicherheit und Wohlfahrt dienen. Auf Erlassen der
einzelnen Polizeibehörden beruhend, wies es die größten örtlichen
Verschiedenheiten auf. Mit der Einführung verfassungsmäßiger
Institutionen trat das Bestreben hervor, dasselbe gesetzlich zu
fixieren. Dies geschah in Frankreich durch das vierte Buch des
code penal, in Deutschland teils durch besondere Polizeistrafgesetz-
bücher, teils durch bestimmte Abschnitte der allgemeinen Straf-
gesetzbücher*.
Die gesetzlichen Vorschriften reichten jedoch nirgends aus,
weil die Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse überall das Be-
dürfnis besonderer Bestimmungen mit lokaler Geltung hervortreten
ließ. Deshalb ist in den Gesetzgebungen der meisten Staaten den
Ortspolizeibehörden und höheren Verwaltungsbehörden das
Recht beigelegt, innerhalb der Grenzen ihres polizeilichen Amts-
auftrags2 für die ihnen unterstellten Bezirke oder Teile derselben
allgemeine Vorschriften zu erlassen®. [Der Umfang der den zu-
dorfis RLex; Meyer-Dochow, VR (4. Aufl.) 1 19 ff.; Fleiner, Instit. 75 ff.;
v. Roenne-Zorn, Preuß. StR 832 ff.; Thoma, Der Polizeibefehl im badischen
Recht, insbesondere 325 ff.; Schoen in der Enzykl. 4 261 ff., HdbPol 1 300 fi.;
Julius Friedrich, Das Recht der Polizeiverordnung und der Polizeiverfügung,
im Handbuch des kommunalen Verfassungs- und Verwaltungsrechts in
Preußen; Friedrichs, Das Polizeigesetz (Komm. z. preuß. G. über die Polizei-
verwaltung vom 11. März 1850), insbesondere 72 ff., Komm. z. LandesverwG
(1910) 324 ff.; W.Jellinek, Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeits-
erwägung (1913), — Literatur über das Polizeiverordnungsrecht der deutschen
Mittelstaaten gibt Rosin, WStVR 8 123; dazu noch v. Seydel-Piloty, Bayr.
0 Pr Stein, VerwL T. IV 36 ff.; Gneist, Rechtsstaat 113 ff.; Rosin, a:
2.0. .
® So in den süddeutschen Staaten. Bayr. PolizeiStr&@B vom 26. Dez.
1871. Ergänzung durch G. vom 12, Mai 1898. Württ. PolizeiStrGB vom
2. Okt. 1839, AbändGG vom 27. Dez. 1871, 4. Juli 1898, Bad. PolizeiStrGB
vom 81. Okt. 1863 mit zahlreichen späteren Äbänderungen, Hess. PolizeiStrGB
vom 10. Okt, 1871, Nachtr. vom 27. Nov. 1872, Ergänzung durch GG vom
21. Der. 1881, 26. Juni 1889, 25. Febr. 1895.
4 Preuß. StrGB vom 14. April 1851 83 332 ff.
& Über den Begriff der Polizei vgl. unten 8$ 176, 178.
5 Preuß. G. über die Polizeiverwaltung vom 11. März. 1850 88 5, 6,
11, V. über die Polizeiverwaltung in den neu erworbenen Landesteilen vom
20. Sept. 1867 85 5—17, KrO vom 19. März 1881 $ 62, Preuß. G. über die
allgemeine Landesverwaltung vom 80. Juli 1883 88 136—145, G. vom 12. Juni
1889 5 3; Lauenb. G. über die Polizeiverwaltung vom 7. Jan. 1870 88 6,
8, 11; Bayr. PolStr&aB vom 26. Dez. 1871 Art. 1—15; Sächs. G. vom
28. Jan. 1835 $ 2. StO 88 101, 102, StO für mittlere und kleinere Städte
Art, IVS 8, LGO 8 72; Württ. G. vom 27. Dez. 1871 Art. 51—57; Bad.