Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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so muß demgegenüber festgestellt werden, daß es bis jetzt über- 
haupt keine einheitliche deutsche Staatsidee gab, sondern daß im 
Norden, Westen und Süden Deutschlands das Mischungsverhältnis 
zwischen diesen beiden sehr verschieden war. In Württemberg 
haben wir zwar nicht jene gänzliche Vorherrschaft der Genossen- 
schaftsidee wie in der südlich sich anschließenden deutschen 
Schweiz, der von deutschen Landen das Elsaß wohl am nächsten 
stand, aber wir haben doch einen überaus starken Einfluß der- 
selben, so daß auch unter der monarchischen Staatsform das 
Staatswesen einen ganz anderen Grundzug aufwies als namentlich 
der preußisch-norddeutsche Staat. Allerdings hat sich diese 
Eigenart des württ. Staatswesens im Lauf des 19. Jahrh. etwas 
abgeschliffen. Namentlich die Nachwirkungeu ständischer Ge- 
danken mußten mehr und mehr verschwinden, zumal nach 
1870, als das Reich und auf dem Wege über das Reich 
Preußen die Staatsauffassung auch in Württemberg maßgebend be- 
einflußte. Und doch hat, wie gezeigt, das Land seine Besonder- 
heiten in der Ausgestaltung des öffentlichen Rechts gewahrt, es ist 
von allen monarchisch regierten Staaten ohne Zweifel der am aus- 
gesprochensten demokratisch eingerichtete geblieben ". 
1? Man kann allenfalls darüber streiten, ob Baden im ganzen nicht 
als ebenso demokratisch zu bezeichnen ist. Aber ich habe im Vorstehen- 
den schon einige Punkte hervorgehoben, vor allem die Organisation der 
Ortspolizei, in denen Baden sich von der demokratischen Ausgestaltung 
entfernte, sich stärker von preußischen Rechtseinrichtungen beeinflußt zeigt 
als Württemberg und diese Punkte ließen sich wohl noch vermehren. 
Unter den Ursachen für diesen stärkeren preußisdhen Einfluß ist gewiß 
die Zugehörigkeit zum preußischen Kontingent in Betracht zu ziehen. — 
Auch von den kleineren monarchischen Bundesstaaten ist wenigstens der 
Verfassung nach keiner demokratischer gewesen als Württemberg. Wenn 
G. MEYER den Satz aufgestellt hat (bei MEYER-AnscHÜTz, 7. Aufl. S. 152), 
die Verfassungen der kleineren deutschen Staaten hätten meist einen 
demokratischen Charakter gehabt und das Prinzip der Volkssouveränität 
als Grundlage der staatsrechtlichen Gestaltung proklamiert, so widerspricht 
das völlig den Tatsachen. Die Verfassungen der kleineren Staaten beruhten 
vielmehr ausnahmslos auch auf dem Grundsatz der Monarchensouveränität,
	        
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