340 I. 3. Preußens Erhebung.
wohl nur ein großer Mißerfolg. Der Czar hatte den Krieg mit Schweden
noch nicht beendet, er war an der kaukasischen Grenze mit Persien in
Händel gerathen und stand im Begriff die Türkei mit Krieg zu über-
ziehen. So lange diese drei Kriege nicht abgewickelt, Finnland und die
Donauprovinzen noch nicht in seinen Händen waren, wollte er sich von
Napoleon nicht trennen. Er gestand seinem Freunde, daß er sich ver-
pflichtet habe Frankreich in einem Kriege gegen Oesterreich mit den Waffen
zu unterstützen und rieth dem Könige dringend, die gleiche Politik zu er-
greifen, durch die Rückkehr nach Berlin dem Imperator einen Beweis
vertrauensvoller Freundschaft zu geben. Friedrich Wilhelm kehrte heim,
tief niedergeschlagen, doch keineswegs überzeugt; nimmermehr wollte er an
dem Feldzuge gegen Oesterreich theilnehmen, vielmehr befahl er, insgeheim
zu rüsten um nöthigenfalls dem Wiener Hofe Beistand zu leisten. Noch im
März versuchte er, wieder vergeblich, den Czaren für den Plan zu gewinnen,
der ihm der allein rettende schien, für einen Bund der drei Ostmächte.“)
Napoleon war unterdessen nach Spanien geeilt und hatte in einem
raschen Triumphzuge die zur Feldschlacht unfähigen Heere der Spanier
geschlagen, eine englische Armee bis an die Küste zurückgeworfen. Kaum
war also der Waffenruhm seiner Adler wieder hergestellt, so nahm er
alsbald die im vorigen Herbst nur vertagten Pläne gegen Oesterreich
wieder auf und traf seine Anstalten die Hofburg für ihre Rüstungen zu
züchtigen. Noch im Januar 1809 befahl er, von Spanien aus, die
Armee des Rheinbundes marschbereit zu halten, ließ die Corps von Da-
vonst und Oudinot gegen die obere Donau marschiren. Zu Ende des
Monats war er selbst wieder in Paris. Er rechnete, mit 260,000 Fran-
zosen, Polen und Rheinbündnern in Deutschland, mit 150,000 Mann
in Italien den Krieg zu eröffnen, schrieb seinen Vasallen höhnisch: ob
denn die Donau ein Lethestrom geworden sei, daß man in Wien alle
früheren Niederlagen vergessen habe? Seine Absicht war jedoch den Aus-
bruch des Krieges bis zum Frühjahr hinauszuzögern; früher konnte seine
Rüstung nicht beendet sein, auch wollte er als der Angegriffene erscheinen
weil Rußland nur für den Fall eines Vertheidigungskrieges zur Beihilfe
verpflichtet war. „Mein Streit mit Oesterreich", sagte er in einem Briefe
an Friedrich von Württemberg, „ist die Fabel von dem Wolfe und dem
Lamme; es wäre doch gar zu ergötzlich, wenn man uns dabei die Rolle
des Lammes spielen lassen wollte!“"
In dem alten Oesterreich gährte eine ungeheure Aufregung; Jeder-
mann meinte den Augenblick einer großen Entscheidung gekommen. Frei-
lich war in der liebenswürdigen, ritterlichen Natur des Grafen Stadion
keine Ader von reformatorischer Größe; an seinem Franzosenhasse hatte
der Standesstolz des mediatisirten Reichsgrafen starken Antheil. Immer-
hin kam unter seiner Leitung ein etwas freierer und milderer Geist in
*) König Friedrich Wilhelm an Kaiser Alexander, 24. März 1809.