206 III. 4. Der Ausgang des preußischen Verfassungskampfes.
kaum 53,000 Franken gezahlt, Preußen zahlte für das ungefähr ebenso
große Gebiet der neuen Diöcesen Köln und Trier sechsmal mehr, fast
92,000 Thlr., eine Summe, die bald noch beträchtlich erhöht wurde.
Ueber dies alles war Niebuhr bereits mit Consalvi einig geworden.
Er hatte sich musterhaft gehalten, weit vorsichtiger als nach seinen ver-
trauensvollen Aeußerungen über die Curie zu erwarten stand, und wohl
mochte sich der Reizbare gekränkt fühlen, als nun plötzlich Hardenberg
selbst in Rom erschien um hinter der bereits eingeheimsten Ernte noch
das Scheunenthor zu schließen. Eine einzige Conferenz des Staatskanzlers
mit dem Cardinal brachte alles ins Reine.)) Am 25. März 1821 wurde
die Uebereinkunft unterzeichnet. Hardenberg aber nahm — nach dem
Rechte, das im Beamtenthum wie im Parlament dem leitenden Staats-
manne zukommt — allen Dank und alle Ehren unbefangen für sich in
Anspruch. Durch die Bulle De salute animarum (16. Juli) bestimmte
der Papst sodann die neue Eintheilung der preußischen Diöcesen und
sprach nochmals aus, wie dankbar er den freundlichen Willen des Königs
anerkenne, der seinen Wünschen so wunderbar (mirifice) entgegengekommen
sei. Die Circumseriptionsbulle veröffentlichte der König kraft seiner
Mojestätsrechte, diesen und der evangelischen Kirche unbeschadet. Darauf
wurde noch das verabredete Breve über die Bischofswahlen erlassen und
durch die Regierung den Domcapiteln als bindende Vorschrift mitgetheilt.
Die Staatszeitung aber erklärte amtlich: ein Concordat, eine Verab-
redung über das Verhältniß der geistlichen Oberen zu den weltlichen Be-
hörden sei absichtlich vermieden worden; „der König konnte den Vollgehalt
seiner Hoheitsrechte, denen theuere von Gott ihm auferlegte Pflichten gegen
sein Volk zur Seite stehen, nicht von fremder Anerkennung abhängig
machen, nicht den freien Gebrauch derselben durch beengende Verträge ein-
schränken wollen.“ Also behielt die Krone alle die Befugnisse der Kirchen-
hoheit, die ihr nach dem Preußischen Landrecht und nach Napoleon's
Organischen Artikeln zustanden, fest in der Hand. Die Staatsbehörden
allein vermittelten den amtlichen Verkehr zwischen dem römischen Stuhle
und den Bischöfen, sie hatten die Censur der kirchlichen Schriften, die
Aussicht über alle Unterrichtsanstalten wie über die Prüfung der Candidaten.
Ohne ihre Erlaubniß wurde kein geistlicher Orden zugelassen, und bisher
bestanden in den westlichen Provinzen, außer einigen Orden für Kranken-
pflege und weiblichen Unterricht, nur zwei oder drei ganz unbedeutende
Mannsklöster; ein Mönch war in den Straßen der rheinischen Städte
eine so unerhörte Erscheinung, daß der Bonner Schirrmeister einst bei
seinem Postdirektor ganz erschrocken anfragte, ob er einen Franciscaner,
der sich eine Fahrkarte gelöst, im königlichen Eilwagen mitnehmen dürfe.
Mit Rechten der Kirchenhoheit war die preußische Regierung bis zum
*) Hardenberg's Tagebuch, 23. März 1821.