Droste-Vischering. 217
der Papst ihn tadelte. Nach dem Einzug der Preußen trat er sofort sein
Amt wieder an und bemühte sich durch erhöhte Zanksucht seine Schwäche
zu fühnen.
Der Generalvicar lag in ewigem Streite mit Professor Hermes, der
während der Fremdherrschaft auf die Empfehlung des protestantischen
Hallenser Kanzlers Niemeyer an die Münster'sche Akademie berufen worden
und schon darum in Druoste's Augen kaum besser als ein Heide war.
Die Anmaßung dieser kleinen rührigen Minderheit war bereits so hoch
gestiegen, daß der neue Bischof von Augsburg sich unterstand, sogar „das
aftermystische Christenthum“ des ehrwürdigen Sailer in einem Hirtenbriefe
zu verdammen. Droste befahl seinen Geistlichen, keine gemischte Ehe ein-
zusegnen ohne das Versprechen katholischer Kindererziehung, und erwiderte
dem Oberpräsidenten Vincke frischweg, an die Landezsgesetze sei er nicht
gebunden. Als das Reformationsfest herannahte, veröffentlichte er ein in
Form und Inhalt gleich barbarisches Büchlein über die Religionsfreiheit
der Katholiken, das in dem Satze gipfelte: „Religionsfreiheit ist die Freiheit,
alle jene Handlungen zu verrichten, zu welchen die Unterwerfung des Ver-
standes und Willens unter die Lehre der katholischen Kirche auffordert."
Jede bedingte Anerkennung der Kirche von Seiten des Staates wies er
entrüstet zurück, und von allen deutschen Staaten ließ er nur einen als
schuldlos gelten: natürlich Oesterreich, das allein an dem Kirchenraube von
1803 nicht theilgenommen hatte.
Die Händel über die gemischten Ehen schwebten noch, da bot sich dem
Streitbaren ein neuer Anlaß, um zugleich seinen persönlichen Haß zu
kühlen und dem evangelischen Landesherrn die Macht der Kirche zu zeigen.
Im Jahre 1820 siedelte Hermes, wohlausgerüstet mit Spiegel's Empfehlungs-
briefen, nach Bonn über; viele seiner Münster'schen Zuhörer wollten dem
beliebten Lehrer an den Rhein folgen.) Diese Verführung der west-
phälischen Jugend mußte verhindert und zugleich ein tödlicher Schlag gegen
die neue paritätische Hochschule des Rheinlandes geführt werden; denn
ganz so herzlich wie ein Monsignore des Vaticans verabscheute Droste
die deutschen Universitäten, er vergaß es nicht, was seine Kirche durch den
größten aller deutschen Professoren gelitten hatte. Wie eifrig war die
clericale Partei bemüht gewesen, die rheinische Universität nach Köln, un-
mittelbar unter die Aufsicht des Papstes zu verlegen; der Unmuth über
das Mißlingen dieses Planes wuchs noch seit die akademische Freiheit in
Bonn sich so kräftig entfaltete. Bisher hatten die rheinischen Theologen
auf dem Kölner Priesterseminar einen elenden Unterricht empfangen, der
nach Solms-Laubach's Urtheil nur in der Abrichtung für die Ceremonien
des Gottesdienstes und „in etwas finsterer Mönchsdogmatik“ bestand. Alten-
stein beabsichtigte nunmehr in Bonn ein theologisches Convict zu errichten
*) Spiegel an Solms-Laubach, 29. März 1820.