Siebenter Abschnitt.
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Altständisches Stillleben in Uorddeutschland.
In jenen matten Zeiten, da die Deutschen an ihrer Zukunft mit
Gelassenheit verzweifelten, pflegte die Geschichtsphilosophie des Particula-
rismus aus der Noth eine Tugend zu machen und die Zersplitterung
des Vaterlandes gradeswegs aus dem Charakter unseres Volkes herzu-
leiten. Und doch lehrte der Augenschein, damals noch deutlicher als heute,
daß die bunte Mannigfaltigkeit unserer Staatsgebilde keineswegs in der
natürlichen Anlage der deutschen Stämme und Stammessplitter ihren
Grund hatte. Bis zum Jahre 1830 standen die kleinen Territorien des
Nordens in ihrer politischen Entwicklung dem preußischen Staate ferner
als die constitutionellen Staaten des Südens; sie verharrten in einer
veralteten Gesellschaftsordnung, welche die norddeutsche Großmacht schon
seit den Tagen des großen Kurfürsten, Süddeutschland seit dem napoleo-
nischen Zeitalter überwunden hatte. In Preußen wie in Baiern, Würt-
temberg, Baden, war der altständische Staat im Wesentlichen zerstört.
Hier wie dort bestand, wenn auch in sehr verschiedenen Formen, ein
modernes Gemeinwesen, das auf den Gedanken des gemeinen Rechtes
und der Staatseinheit ruhte. Hier wie dort schaltete eine lebendige
monarchische Gewalt über den socialen Gegensätzen und suchte Adel,
Bürger, Bauern zu gemeinsamer Arbeit für den Staat heranzuziehen.
Hier wie dort wurde der Staat durch die Erwerbung neuer, schwer zu
versöhnender, kirchlich gemischter Provinzen zu rühriger Verwaltungsthätig-
keit und zu einer wachsamen Kirchenpolitik genöthigt.
Wie anders der Zustand der norddeutschen Klein= und Mittelstaaten,
die durch Nachbarschaft und Verkehr, durch die Gemeinschaft des Blutes
und der protestantischen Bildung, auch durch die Macht ihres Großgrund-
besitzes und die Aehnlichkeit der socialen Zustände ganz auf Preußen
angewiesen schienen und gleichwohl durch die unheimliche Erstarrung ihres
politischen Lebens dem mächtigen Nachbar völlig entfremdet waren. Sie
hatten aus dem Länderhandel der napoleonischen Tage nur geringfügige
oder auch gar keine Erwerbungen davon getragen und bewahrten sich mit