Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Übermut der Klerikalen. 311 
aus der Höhe, sondern der Geist menschlicher Gereiztheit.“ Eberhard gab 
eine freche Antwort, die der Bischof auf seinem Sterbebette empfing. Da 
schritt der König selbst ein und verbot dem Hofprediger vorläufig die Kanzel 
der Michaelskirche: „wenn sie auch nicht verkürzt, so hat er verbittert 
doch des so würdigen Bischofs von Regensburg Tage letzte.“*) Nachher 
mußte Abel die Kreisregierungen durch ein Rundschreiben anweisen, daß 
sie die Predigten überwachen und weder Störungen des konfessionellen 
Friedens noch materialistische Lehren dulden sollten. Das Münchener 
erzbischöfliche Ordinariat aber, das insgeheim hinter Eberhard stand, ver- 
wahrte sich dawider und erklärte kurzab: die Behauptung des Rund- 
schreibens, daß die Grundlehren des Christentums allen Konfessionen ge- 
meinsam seien, führe zum Indifferentismus. Diesen Widerspruch nahm 
der gestrenge Minister schweigend hin. Nicht lange, so durfte auch Eber- 
hard seine Kanzel wieder besteigen; und mit ihm wetteifernd donnerte 
Hofstiftsprediger Wiser gegen die verstockten Herzen der Protestanten, die 
ja in Bayern überall die katholische Wahrheit lernen könnten. 
Nachhaltiger verstimmte den Monarchen die Haltung seines Klerus 
bei der Bestattung der Königin-Witwe Karoline (Nov. 1841). Mutter so 
vieler strengkatholischer Töchter, Wohltäterin der milden Stiftungen beider 
Bekenntnisse, hatte die edle Frau ihren evangelischen Glauben doch nie 
verleugnet und das altbewährte preußisch-bayrische Bündnis immer hoch 
geschätzt; noch im letzten Lebensjahre des alten Königs war sie zu ihm 
nach Potsdam gereist, um die gestörte Freundschaft beider Höfe wieder 
zu befestigen. *) Grundes genug für den Haß der Klerikalen. Die evan- 
gelische Geistlichkeit wollte die Leiche nach der Trauerfeier zu der Fürsten- 
gruft unter der Theatinerkirche geleiten, um sie dort auszusegnen. Dies 
entsprach dem allgemeinen Brauche; denn der segensreiche Grundsatz des 
Westfälischen Friedens, daß die deutschen Protestanten nicht als Häretiker 
behandelt werden dürften, war seit Montgelas' Zeiten auch in Bayern 
zur vollen Geltung gelangt, alle Protestanten Münchens beerdigten ihre 
Toten mit kirchlichen Ehren auf dem katholisch geweihten schönen Kirch- 
hofe der Stadt. Windischmann aber, der Heißsporn des Domkapitels ver- 
abredete sich in tiefem Geheimnis mit Abel.“*“) Darauf erließ der Erz- 
bischof ein Verbot; auch den barmherzigen Schwestern, die ihrer freigebigen 
Gönnerin zum Grabe zu folgen wünschten, wurde jede Teilnahme untersagt. 
So mußte denn die königliche Leiche bei strömendem Regen draußen vor 
der Türe der Theatinerkirche ausgesegnet werden; dann trug man sie 
rasch hinab, und die katholischen Priester standen im Frack dabei, ohne sich 
zu regen. Fast ebenso unanständig verlief der gesetzliche Trauergottesdienst 
in den anderen Bischofsstädten. Nur Bischof Richarz von Augsburg, ein 
*) König Ludwig an das Ministerium für Kirchenangelegenheiten, 19. Juli 1841. 
**) Dönhoffs Bericht, 8. Dez. 1839. 
***) Dönhoffs Bericht, 27. Nov. 1841.
	        
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