Full text: Die Staatsangehörigkeit in den Kolonien

Kapitel I. 
Staatsangehörigkeit. 
& 1. 1. Der Staat. 
I. Der Staat erscheint uns heute als etwas derart in der 
menschlichen Natur logisch und notwendig Begründetes, dass dem 
Ausspruche HEINRICH VON TREITSCHKES!), „dass die staatsbildende 
Kraft dem Menschen angeboren ist und der Staat mit ihm besteht 
von Uranfang an“ mindestens eine gewisse historische Berechtigung 
nicht abzusprechen ist. Ueber die Anfänge staatlichen Lebens 
lassen sich nur Vermutungen aufstellen, die jedoch juristisch brauch- 
bares Material nicht liefern können. Der Staat ist eine Tatsache, 
seine Entstehung eine Tat?). Er ist etwas Faktisches?), ein Ge- 
bilde, das seiner Entstehung nach juristisch nicht konstruierbar ist, 
als ein Gebilde, dessen Substrat Menschen sind, jedoch ebenso 
wandelbar wie die Menschheit selbst. Goethe hat gesagt „Die 
Menschheit schreitet stetig fort, doch der Mensch bleibt immer 
derselbe*. So hat auch der Staatsbegriff eine fortschreitende 
Präzisierung erfahren, gleichsam als äussere Erscheinungsform, 
in der der Fortschritt der Menschheit zu Tage trat. Und so wie 
der Menschheit — als einer Summe von Einzelindividuen — ge- 
wisse Eigenschaften eignen, die dem Menschen seiner physiolo- 
gischen Beschaffenheit nach immanent sind, so war auch der Staat 
immer, auch in seiner primitivsten Erscheinungsform, durch die 
Natur des Menschen und seine Lebensinteressen notwendig bedingt. 
Il&vıt dei. Auch der Staat war nicht immer, was wir heute so 
  
1) IS. 13. 
2) Bınpıxg: Gründung etc. S. 69. 
3) Dies erklärt ZORN bereits in der 1. Aufl. seines Staatsrechtsl. 8.23 f. 
Vergl. auch Zorn: Im Neuen Reich S. 71. — JELLINEK: Staatenverbindungen 
S. 266; AFFOLTER: S. 130.
	        
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