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Bestimmung nicht finden, ein Misserfolg ist selbstverständlich.
Staatsangehörigkeit ist eine Eigenschaft, eine Qualifikation
des Menschen als Persönlichkeit, die Untertanschaft!) unter die
Staatsgewalt mit Rücksicht auf den Rechtsgrund, ein Zustand).
JELLINEK°) erklärt: „Das Recht hat ein Haben, die Person ein
Sein zum Inhalt. Die Persönlichkeit des Individuums ist daher
keine konstante, sondern eine variable Grösse.“ Und SEYDEL,
der die bezeichnende Bemerkung gemacht hat, „den rechtlichen
Inhalt der Staatsangehörigkeit zu bestimmen, würde eine Rund-
reise durch das ganze Staatsrecht voraussetzen“, sagt: „Der
Grund dieser Erscheinung liegt in der nicht erkannten oder ge-
würdigten Tatsache, dass zwar der Inhalt von Rechten, nicht aber
von Zuständen allseitig begrifflich bestimmt werden kann“ ?).
Das einzige Resultat, das wir somit gewonnen haben, ist
folgendes: Die Staatsangehörigkeit ist kein Recht’), sondern ein
Zustand, ein Status, der sich als Zugehörigkeit zum Staatsvolke
charakterisiert und durch den Staat eine nach der berechtigenden
wie nach der verpflichtenden Seite willkürliche Qualifikation er-
fährt‘), dessen Inhalt jedoch von der jeweiligen Auffassung des
Staatszweckes im besonderen und entsprechender Normierung des
Angehörigkeitsverhältnisses abhängig erscheint. Da das Staatsvolk
zur Grundlage des Staates gehört, ist es für den Staat als organi-
sierte Nation von essentieller Bedeutung, die Voraussetzungen über
Erwerb und Verlust der Zugehörigkeit zu ihm in einer seinen Inter-
essen entsprechenden Weise zu regeln. Wie er dies tut, ist dem
Staate nicht mit Rücksicht auf die Natur der Staatsangehörigkeit
an sich vorgeschrieben, sondern liegt in seinem freien Ermessen,
denn die Herrschermacht des Staates ergreift an und für sich
1) Leont: 1. S. 15.
2) LABanD: 1.S. 127; O. MayYER: Arch. Ill. 8.57; Derselbe: VerwR. Il.
S. 383: SEYDEL: Bayr. StR. I. S. 301 „die Staatsangehörigkeit ist kein Recht,
sondern das Verhältnis der Untertänigkeit unter die Staatsgewalt“; AFFOLTER:
Ann. 03. S. 113; GrABOwSsKY: S. 227; GAREIS: Völkerrecht S. 152.
3) System S. 79.
4) Bayr. StR. 1. Aufl. I. S. 558. Aehnlich JELLINEK: System S. 113: „Ein
Status lässt sich daher niemals inhaltlich definieren, weil er als eine feste
Relation ganz unabhängig von einzelnen aus ihm entspringenden Rechten
und Pflichten ist“.
5) AA. ARNDT: S. 48.
6) GarEIS: Völkerrecht, S. 152; v. Liszt: S. 100; OÖ. MAYER: Verw. R,
II. S. 383.