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gehabt, wenn er die Möglichkeit eines Bundesstaates als solchen
leugnet!). LABAND aber, und alle diejenigen, welche die Souve-
ränetät des Gliedstaates leugnen, geraten in einen Konflikt mit
den Tatsachen und sehen sich auf die Notwendigkeit angewiesen,
einen neuen Staatsbegriff aufzustellen, der trotz allen Bemühens
mit dem des Kommunalverbandes zusammenfallen muss, denn ein
eigenes Recht auf Herrschaft hat auch der Selbstverwaltungskörper’?),
und das Bestreben, den Staatsbegriff auf die Verfolgung des natio-
nalen Zweckes gegenüber der rein lokaler Interessen abzustellen,
wird durch die Tatsache des Bestehens von Gremeindestaaten und
von Provinzen zu nichte.
Die Theoretiker, die das Reich als souveränen Sonderstaat
auffassen wollen, klammern sich an das Wort Bundesstaat, als ob
dieses Wort den Kern der Sache berge. O. MAYER weist mit
Recht darauf hin, dass es sich dabei lediglich um ein politisches
Programm handelt°). Wie nachhaltig und stark das politische Soli-
daritätsgefühl des Deutschen war, beweist die Festigkeit und die
Struktur des Reiches. Ein Einheitsstaat hat dem Deutschen nie ım
Blute gelegen, ein Bund immer. Diesen Staatenverein mit der ihm
„eigentümlichen Unlösbarkeit“t) nennen wir Bundesstaat. Nur
in diesem Sinne ist im folgenden von Bundesstaat die Rede, nur
in diesem Sinne von Bundes- bezw. Reichsangehörigkeit.
Das aktive und passive Gesandtschaftsrecht, die Fähigkeit zum
Abschlusse völkerrechtlicher Verträge®) mit fremden Mächten und
untereinander steht den Gliedstaaten des Deutschen Reiches als
souveränen Staaten zu — eine Prärogative, die dem Gliedstaate
im republikanischen Bundesstaate freilich in bestimmtem Umfange
ebenfalls zukommt).
Die Zuständigkeit der deutschen Gliedstaaten in diesen Materien
ist zwar eine ausnahmsweise, aus Gründen der Zweckmässigkeit
1) Bundesstaatsbegriff S. 644.
2) O. MayER: VerwR. Il. S. 373: „Der Selbstverwaltungskörper hat sein
Stück öffentlicher Verwaltung, das er ineignem Namen und eignem Rechte
führt ... sein Stück öffentlicher Verwaltung gehört zu seinem Wesen; wird
es Ihm entzogen, so besteht er nicht mehr, so wenig wie der Staat, der sein
Gebiet verloren hat.“
3) A. a. O. S. 340, vgl. S. 356. 4) A. a. O. S. 346 a 12.
5) Auch Konkordate mit dem Papste — STÖRK: S. 145.
6) JELLINEK: Allgem. Staatslehre S. 480, a. 1.; vergl. auch Derselbe:
System S. 284 und HALL: S. 326.