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sein!). Der eine Staatszweck wird im Bundesstaat „durch ein
sich gegenseitig bedingendes und ineinandergreifendes Ergänzungs-
und Unterstützungsverhältnis verwirklicht“ ?), das Reich einerseits,
die Gliedstaaten andererseits. Da die Staatsangehörigkeit nur dem
Rechtsgrunde nach von der Untertänigkeit unter die Staatsgewalt
schlechthin verschieden ist, liegt kein Grund vor, warum nicht in
Grebieten, in denen die Reichsgewalt die alleın kompetente ist, die
Einwirkung einer Gliedstaatsgewalt auf dasselbe Gebiet und Volk
also prinzipiell ausgeschlossen ist, unter Berücksichtigung des
Territorialprinzips eine ausschliessliche Angehörigkeit zum Reiche
statuiert werden könnte.
IV. Als die Frage einer einheitlichen Normierung der Voraus-
setzungen über den Erwerb und Verlust der Bundes- und Staats-
angehörigkeit aufgeworfen wurde, war also die Frage der Bundes-
und Staatsangehörigkeit prinzipiell entschieden. Der Bundesstaat
war ja da. Nur gab es 25 Staatsangehörigkeitsgesetze, die wie-
derum für die Zugehörigkeit zum Bunde massgebend waren’). Da
Bundes- und Staatsangehörigkeit aber eine Einheit bilden, konnte
man die Voraussetzungen für Erwerb und Verlust der einen ein-
heitlich gesetzlich normieren, und vom Erwerbe oder Verluste der
einen den Bestand oder Nichtbestand der anderen abhängig machen.
Man konnte nach dem Vorbilde der Vereinigten Staaten von
Nord-Amerika den Erwerb der Bundesangehörigkeit zur Voraus-
setzung des Erwerbes der Gliedstaatsangehörigkeit machen, oder
man entschloss sich, den entgegengesetzten Weg einzuschlagen,
und vom Erwerbe der letzteren den Erwerb der Bundesangehörig-
keit abhängig zu machen. Das Bundesgesetz vom 1. Juni 1870
$ 1 wählte den letzteren Weg:
„Die Bundesangehörigkeit wird durch die Staatsangehörigkeit
in einem Bundesstaate erworben und erlischt mit deren Verlust“ ®).
Die Zeit, in der das Gesetz entstand, kannte nur Bundes-
gebiet, das zugleich auch Staatsgebiet im engeren Sinne war; das
Gesetz ist naturgemäss auch dementsprechend angelegt. Die Be-
stimmungen, die das Gesetz gibt, haben immer die Begründung
eines Doppelverhältnisses zum Inhalt und zur Voraussetzung. Von
1) Zorn: a. a. O. I. S. 344, 2) HAneEL: S. 3%.
3) v. RÖNNE: Deutsches St.R. 1. S. 98 f.
4) Bez. seiner Geltung in Süddeutschland vgl. v. RÖnnE: Deutsches StR. 1.
S. 99 £.