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haben !.. Welche Bedeutung das für Abs. 4 und 5 dieses Para-
graphen hat, wird sich zeigen.
8 21 Abs. 1 Satz 1 ergibt also für unseren Fall folgende
sinngemässe Formulierung:
„Deutsche, welche das Reichsgebiet oder die Schutzgebiete
verlassen und sich 10 Jahre lang ununterbrochen im Auslande
aufhalten, verlieren dadurch ihre Staats- bezw. Reichsangehörig-
keit.“
Der Aufenthalt in einer deutschen Interessensphäre kann
unserer oben entwickelten Anschauung gemäss als Inlandsaufent-
halt nicht angesehen werden.
Die zehnjährige Frist beginnt mit dem Austritt aus dem
Reichsgebiete oder den Schutzgebieten. Gehemmt wird dieser Frist-
beginn durch den Besitz eines Reisepapiers?) oder Heimatscheins,
durch Eintragung in die Matrikel eines Bundeskonsulats, sowie
im Falle des $ 23 StAG.°).
Durch Staatsvertrag kann die zehnjährige Frist auf eine fünf-
jährige verringert werden, wozu Naturalisation in dem Staate des
Auslands kommen muss.
Verursacht worden ist diese Bestimmung durch den Abschluss
der Bancroftverträge?). Die Verwickelungen, die in der Bestrafung
falınentlüchtiger preussischer Untertanen nach Erwerb der amerika-
nischen Staatsangehörigkeit?) durch letztere ihren Grund hatten,
fanden dadurch ihr Ende. Die Bancroftverträge sind von den
Vereinigten Staaten von Nordamerika am 22. Februar 1868 mit
dem Norddeutschen Bunde und später mit den süddeutschen
Staaten®) abgeschlossen worden.
Der im RGBl. 1868 S. 228 fi. publizierte Vertrag zwischen
1) Hesse: a, a. O. S. 43.
2) Ersatzreservepass auf bestimmte Zeit ist Reisepapier ım Sinne des
StAG. $ 21 — R&erStr. Bd. 33 S. 212 t#., namentlich 215 fi. vom 13. März 1900,
3) MEYER-ANSCHUÜTZ: S. 228.
4) Vgl. namentlich v. MARrTITZ: S. 1152 ff.
9) HALL: S. 235 zitiert ein Schreiben der amerikanischen Regierung
(Cass) an Preussen „that „the moment a foreigner becomes naturalised, his
allegiance to his native country is severed for ever*““. Vgl. REus: S, 40 fi.;
CaHn: S. 470 fi.; v. Marrıtrz: S. 1153, 1158, 1159.
6) Dass für letztere die mit jenen abgeschlossenen Verträge, nicht der
mit dem Norddeutschen Bunde abgeschlossene Vertrag, verpflichtender Rechts-
grund sind, verleiht der im Text vertretenen Ansicht besonderen Rückhalt.
— Vgl. die Zusammenstellung der Verträge bei CAaux: 8. 176 ff.