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Das RG. vom 25. Juni 1902 überlässt es Kaiserlicher Ver-
ordnung zu bestimmen, „in welchen Schutzgebieten und unter
welchen Voraussetzungen wehrpflichtige Reichsangehörige ihrer
aktiven Dienstptlicht bei den Schutztruppen (senüge leisten dürfen“.
Eine dementsprechende VO. erging unter dem 5. Dezember 1902.
8 2 dieser VO. enthält die Bestimmung, dass ausserhalb
Europas wohnhafte wehrptlichtige Reichsangehörige auf
Wunsch in die Schutztruppe für Süd-West-Afrika zur Ableıstung
ihrer aktiven Dienstpflicht eingestellt „werden“. Sobald der
Anspruch auf Erfüllung der aktiven Dienstptlicht nicht mehr
auf das in Deutschland stationierte Heer beschränkt ist, erscheint
die Rückkehr in das betreffende Schutzebiet deshalb als Rück-
kehr ins Inland, weil die Möglichkeit der Erfüllung der Pflicht
gegen das Reich nicht eine Rückkehr in dasselbe zur Voraus-
setzung hat!).
ll. Der Fall des S 22, der Eintritt in fremde, das heisst
ausländische, Staatsdienste oline Erlaubnis der heimatlichen Regie-
rung hat an sich insofern ein wesentlich anderes Gepräge, als
hier das spezifische Gliedstaatsinteresse zur Abgabe der Erklärung
auf Verlust der Staatsanzehörirkeit führt, sodann andererseits die
Verletzung der Wehrpflicht nicht das Massgebende ist. Der hier-
nach begründete Unterschied, der bei Reichsangehörigen im Sinne
des StA(z. weitgehende Konsequenzen hat, kommt in unserem
Falle gar nicht zur Geltung: Das Reich ist die ausschliesslich
kompetente Gewalt in den Schutzgebieten. Ein Ausspruch des
Reichskanzlers auf Verlust der Sch-Reichsangehörigkeit hat dem-
nach einen gänzlichen Verlust der Zugehörigkeit zum Reiche zur
Folge. Ein mehreren Gliedstaaten angehörender Gliedstaatsange-
höriger würde, falls $ 22 StAG. seitens eines dieser Gliedstaaten
gegen ihn Anwendung fände, nur diesem Staate gegenüber seiner
Angehörigkeit verlustig gehen ?).
Zu beachten ist, dass ein Avokatorium im Sinne des 8 20
StAG. durch die Erlaubnis des $ 23 StAG. für den im fremden
Staatsdienste Befindlichen nicht unverbindlich wird?). Diese Er-
laubnis kann widerrufen werden !).
. 1) v. Puser: S. 52.
2) AA. LAnnGrarr: S. 642; Larann: 1 S. 167. — Nur den Verlust der
Staatsangehörigkeit des erkennenden Staates im Falle des & 20 und $ 22
nimmt an LEoxI: 1. S.27; SEYDEL: Ann. 76.8.149 a. 2;G.M&rvrir: VerwR.S. 143.
3) SEYDEL: Buyr. StR. I S. 291 a. 65; Di:ksEu,ss: Ann. 76. S. 154 a. 1.
4) SEYDEL: Ann. 83. S. 584.