Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

8 10. Staat und Kirchenwesen. 63 
gewählt werden. Die letztere wählt ferner zwölf Gemeindevertreter auf sechs Jahre, welche mit 
dem Vorstande zusammen den Gemeinderath bilden. Von den Vertretern scheidet alle zwei 
Jahre ein Drittel aus und wird durch Neuwahlen ersetzt. Die Stellung des Gemeinderathes 
ist der der Gemeindeversammlung, bezw. des Gemeinderathes, der Landgemeinden analog. 
Die staatliche Aufsicht über diese communalen Verbände führt das Stadt- und 
Landamt. Gegen die Entscheidungen des letzteren ist die Beschwerde an den Senat 
zulässig. 
8 10. Staat und Kirchenwesen. Die Bewohner der Stadt und der Vorstädte 
vertheilen sich, soweit sie Mitglieder der evangelisch-lutherischen Kirche sind auf sechs 
Pfarrbezirke, Kirchspiele. Außerdem bestehen noch fünf evangelisch-lutherische Kirchenge- 
meinden in Travemünde und in den Landbezirken. Ihre Verhältnisse sind, abgesehen 
von den Gemeinden Behlendorf und Nusse durch die vom Senate erlassenen Gemeinde- 
ordnungen geregelt!). Danach sind bei jeder Gemeinde ein Vorstand, welcher außer den 
Geistlichen der betreffenden Kirche aus Gemeindemitgliedern besteht, und ein Gemeinde- 
ausschuß eingesetzt. Die Zahl der Mitglieder beider Kollegien ist je nach der Größe 
des Kirchspiels verschieden. Ihr Wirkungskreis ist im Einzelnen bestimmt. Der Vor- 
stand vertritt namentlich die Gemeinde nach außen und verwaltet, unter Umständen 
unter Mitwirkung des Gemeindeausschusses, ihr Vermögen. Ueber die von ihm geführte 
Verwaltung hat er alljährlich der Central-Armendeputation, als der Revisions-Depu- 
tation für die Verwaltung der Kirchen, Rechenschaft abzulegen. Gemeinsam nehmen Vor- 
stand und Ausschuß die Wahl der Geistlichen der Kirche vor. Für jede Wahl werden 
seitens des ersteren drei Personen in Vorschlag gebracht. Der Gewählte unterliegt der 
Bestätigung durch den Senat. 
Die Geistlichen der städtischen Pfarrkirchen und der Kirche zu St. Lorenz bilden 
das Ministerium. Es hat die Aussicht über Lehre, Predigt und Administrirung der 
Sakramente und ist für den Senat in allen kirchlichen Angelegenheiten die rathende und 
gutachtende Behörde. An der Spitze des Ministeriums steht der Senior, welcher vom 
Senate aus der Zahl der Hauptpastoren an den fünf städtischen Pfarrkirchen gewählt 
wird. Seine Befugnisse sind durch einen Erlaß vom 28. Oktober 1871 bestimmt?). 
Als vom Staate anerkannte Religionsgesellschaften bestehen ferner eine evangelisch- 
resormirte, eine römisch-katholische uud eine israelitische Gemeinde. Die Stellung der- 
selben ist durch die vom Senate bestätigten Gemeindeordnungen bestimmt?). Durch die 
letzteren ist den Gemeinden eine große Selbstständigkeit in Bezug auf die Verwaltung ihrer 
inneren Angelegenheiten gewährt worden; der Senat hat sich im Wesentlichen nur die 
Aufsicht über die Verwaltung des Gemeindevermögens und die Bestätigung der Geistlichen 
vorbehalten. Was speziell den Seelsorger der katholischen Gemeinde betrifft, so wird 
derselbe von dem apostolischen Vikar für die nordische Mission ernannt; um seine Be- 
stätigung von Seiten des Senates zu erwirken, hat er diesem die Urkunden über seine 
Prüfung und Ernennung vorzulegen und Auskunft über seine früheren Lebensverhältnisse 
zu ertheilen; er muß ferner die Bewilligung des zu seinem Unterhalte erforderlichen 
Jahrgehaltes nachweisen und einen Homagial-Revers unterzeichnen. 
1) Vgl. S. 53 Note 3. 
2) Lüb. Verordn., 1871 S. 106 ff. 
3) Vgl. S. 53 Note 4. 
  
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