Die Franzosen 89
Die Friedensstärke des französischen Heeres hatte vor dem Kriege,
ohne die Truppen in den Kolonien, 762 000 Mann betragen. Die Feldarmee
wurde ohne Ersaßz und Landwehr auf 1100 Bataillone, 590 Schwadronen
und 820 Batterien geschägt. Ihre wahre Kriegsstärke ist zweifellos über
viele Schähungen hinausgegangen, denn es wurde nicht nur der letzte Mann
bis zum siebzehnjährigen Knaben aufgeboten, sondern auch eine „schwarze
Armee“ von ungeahnter Größe ins Mutterland gezogen und immer wieder
aufgefüllt. Die Gesamtstärke der französischen Armeen im Weltkrieg ist
daher mit 5½ Millionen nicht zu hoch angeschlagen.
Oank der Neutralität, die Ikalien bei Ausbruch des Krieges mit deut.
lichem Hinweis auf seine spätere Rolle bewahrte, hatte Frankreich nicht
nötig, die Stärke seiner befestigten Alpengrenze zu erproben, sondern war
sofort in der Lage, die dort stehenden Truppen nach Norden zu ziehen. So
wurde das Wogesengebirge, das eine langgestreckte Höhenstellung von
großem Wert bildete, schon im August das Kampfgebiet der Alpenjäger aus
Savoyen und der Dauphiné.
Wie auf dem ösllichen Kriegsschauplatg Warschau und Iwangorod die
Weichselfront schützten, so erschienen im Westen Belfort und Verdun als
die Eckpfeiler der französischen Maas- und Moselfront. Belfort deckte mit
der angeschlossenen Befestigungsgruppe von Monebéliard und Blamont die
Burgunderpforte, das alte Einfalltor zwischen Juca und WVogesen, und
war zugleich Ausfallstellung für den Fall einer vom rechten Flügel der fran.
zösischen Gesamestellung ausgehenden Vorbewegung. Es war nicht mehr
das Felsennest von 1870, das von 25.000 Mann umklammert werden konnte,
sondern eine Lagerfestung, die sich mit einem starken Fortsgürkel umgeben
und ihre Vorwerke bis auf die Höhen der Vogesen im Nordosten und hart
an die Grenzen im Osten und Südosten vorgeschoben hatte. Das befestigte
Lager bot einem großen Heere Unterkunft und war nach Norden und nach
rückwärts so gut angeschlossen, daß man von einem Festungsfünfeck Belfort—
Epinal—Dijon—Langres—Besangon sprechen kann. In diesem hätte die
ganze französische Armee Raum zu einer unbezwinglichen „MRedutitstellung“
finden können. Die Verbindung Gelfores mit Epinal wurde in nördlicher
Richtung durch die Festen von Giromaguy, Servance, Lambert, Remire=
mont und Les Arches hergestellt, die das obere Moseltal deckten und die Aus-
gänge der Vogesen unter Feuer hielten.
. Sperrte Belfort mit Montbéliard die Senke zwischen Vogesen und
Jura vollständig, so beherrschte die Kette dieser Sperrforts vor allem die
Zugänge zum elsässischen St. Amarintal, das von Westen durch die Paßwege
des Col de Bussang und des weiter nördlich einschneidenden Col de Bramont
aufgeschlossen wird.
Wie Belfort war auch Epinal ein großer Waffenplag, dessen Forts-
gürtel 50 Kilometer Umfang hatte. Weiter nördlich schien in der Linie eine