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und Frankreichs linke Flanke, sondern auch England deckte. Dazu war das
belgische Festungssystem nach seiner ganzen Anlage und Anordnung in der
Tat vorzüglich geeignet, obgleich es als allseitig stirnbietendes Dreieck Ant.-
werpen — Namur — Luüttich zum Schutz eines neutralen Candes errichtet
worden war.
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So ergibt sich auf dem westlichen Kriegstheater eine Rampenstellung
von Belfort bis Lüttich, hinter der die französisch-englisch-belgischen Heere
ihren Aufmarsch vollzogen, um je nach den Umständen zu handeln, in jedem
Falle aber angriffsweise, sei es im Süden aus der Grundstellung, sei es im
Norden durch Begegnung, zu verfahren und dem deutschen Heere vielleicht
den ersten Schrikt, aber nicht mehr zu überlassen.
Österreicher und Ungarn
Die Grundzüge des Kriegsplanes, der den umringten Mittelmächten
Erfolge versprach, waren nach Lage der Dinge durch die Verhältnisse bis
zu einem gewissen Grade vorgezeichnet. Gemeinsame Dberlegungen hatten die
Heeresleitungen Deutschlands und ÖOsterreich-Ungarns bazu geführt, einen
Feldzugplan zu entwerfen, der die österreichischen und ungarischen Streit.
kräfte mit der Hauptmacht gegen Rußland, die deutschen gegen Frankreich in
Bewegung sehte. Osterreich-Ungarn übernahm damit in gewissem Umfang
und für eine nach den Umständen zu bemessende Frist eine Rückendeckung
Deutschlands gegen Osten, die zugleich das Verfahren auf dem östlichen
Kriegsschauplatz bestimmte.
Eine halbamtliche Mitteilung der k. u. k. Heeresleitung hat im April
1915 die Zahlenverhältuisse dargelege, unter deren Einfluß die Eröffnung
des Feldzuges gegen Rußland stand. Man schätzte Rußlands Wehrmacht
auf 79 Infanterie- und Schühendivisionen erster Linie und 35 Aeserve-
divisionen, wovon 100 gegen Westen verwendet werden konnten. Außerdem
waren 40 Divisionen brauchbarer Reichswehr zu berechnen.
Bei der räumlichen Ausdehnung des russischen Reiches mochte be-
trächtliche Zeit vergehen, bis diese ganze gewaltige Macht an den russischen
Westgrenzen verfügbar wurde; mit 80 Divisionen erster und zweiter Linie
mußte jedoch das Machtgebot unbedingt eingeschätzt werden, das dank der
Anhäufung von Truppen in Westrußland innerhalb der ersten Phase des
Krieges schlagbereit sein konnte.
Durfte angenommen werden, daß die deutschen Kräfte in Ostpreußen
und Schlesien — einschließlich LCandwehr — etwa 15 Oivisionen stark waren
und 20 des Feindes zu binden vermochten, so blieben 60 Diovisionen frei.
Stegemenne Geschichte det Krieges. 1. 7