Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

Vorwort 
„Wer sich in einem Elemente bewegen will, 
wie der Krieg es ist, darf durchaus aus seinen 
Büchern niches mitbringen als die Erziehung 
seines Geistes. Vringt er fertige Ideen mit, 
die ihm nicht der Stoß des Augenblicks ein- 
gegeben, die er nicht aus seinem eigenen Fleisch 
und Blut erzeugt hat, so wirft ihm der Strom 
der Begebenheiten sein Gebäude nleder, ehe 
es sertig ist.“ Clausewiy. 
7 Geschlecht, das den europäischen Krieg erlebt, ist von diesem unge- 
heuren Völkerschicksal im Innersten aufgewühlt worden. Tief empfindet 
die heutige Generation das Bedürfnis, sich mit dem weltgeschichtlichen 
Erlebnis auseinanderzusetzen, es in seinen Ursachen und Zusammenhängen 
zu erfassen und sich von der Vorgeschichte und der Entkwicklung des Krieges 
eine möglichst sichere Borstellung zu machen. Dem widerstrebt der geschicht- 
liche Erfahrungssag, der uns lehrt, die Zeit walten zu lassen, Entfernung 
zu nehmen und auf die Geschichtschreibung so lange zu verzichten, als die 
Ereignisse noch im Flusse sind und laut, mit der Stimme der Leidenschaft, 
zu uns sprechen. Auch wird man mit Recht gemahnt, daß heute noch viele 
Ouellen verschlossen liegen und der Geschicheschreiber auf Mutmaßungen und 
der Darsteller der kriegerischen Begebenheiten vielfach auf Kombinationen 
angewiesen ist, um der Ereignisse Herr zu werden und sie zu verknüpfen, daß 
es also noch nicht möglich sei, eine Geschichte des Krieges zu schreiben. 
Wenn ich es trohdem unternommen babe, eine zusammenhängende 
Darstellung der Feldzüge des europäischen Krieges zu Wasser und zu 
Lande, in Europa und Asien sowie in den afrikanischen Kolonien zu geben, 
so tue ich das im Bewußtsein, daß damit ein Wagnis verbunden ist, das nur 
aus besonderen Gesichtspunkten betrachtet und gerechtfertigt werden kann 
und vor allem aus dem persönlichen Berhältnis zu erklären ist, in dem ich 
mich zu diesem Kriege befinde. 
Als der Krieg begann, weilte ich, von längerem Leiden genesend, am 
Tpunersee und wurde von der gewaltigen Vorstellung der weltgeschicht. 
lichen Auseinanderseczung so ergriffen, daß ich, gestützt auf langjährige 
geschichtliche und kriegsgeschichtliche Studien und gewisse militärwissenschaft. 
liche Kenntnisse, die Aufgabe übernahm, den Gang und die Enewicklung 
des Krieges mit Betrachtungen zu begleicen, die im Berner „Bund“ 
abgedruckt wurden. Kurz darauf entschloß ich mich, meine Stellung als 
literarischer Redakteur dieses Blattes niederzulegen und auch die politische
	        
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