Die Belagerung von Namur 135
zum großen Teil ersparten. Am 21. August tobte die Beschießung mit
voller Kraft. Darunter befanden sich außer Krupps 42.·cm. Haubitzen
öskerreichische Motorbatterien von 30,5 cm Kaliber, welche die Außen-
forts und die Zwischenwerke überraschend schnell niederkämpften. Der
Nordost. und Südostabschnitt reches und links der Maas wurde zugleich
angegriffen und aufgerissen. Die Zwischenstellungen waren nicht stark genug-
ausgebaut, die hastig errichteten neuen Anlagen nicht selten im koten Winkel
angeordnet und wenig geeignet, dem Zweck zu dienen. Gegen Abend war
die Feste Andoy zusammengeschossen; die Festen Maizeret und Marcho-
volette hatten schwer gelitten, nur das starke Fort Cognelée wehrte sich noch
nach Kräften. Werzweifelte Vorstöße der belgischen Infanterie, die von
französischen Bataillonen mit vorgerissen wurde, zerschellten an dem Feuer
der deutschen Maschinengewehre. Dann brach Flankenfeuer schwerster Kaliber
den Widerstand der in der Maasschleise kämpfenden 13. Brigade und nahm
zugleich den Festen des Südostsektors die lete Kraft. Maizeret wurde ge-
räumt, Marchovolette verstummte, sein Kernwerk spie Rauch und Flammen
und flog am 23. August in die Luft. Auch Cognelke erlag. Ein NRiesengeschoß
zerschlug die Kuppel des Mittelraumes und tötete die Besatzung. Die 10. bel-
gische Brigade wich fechtend aus dem Nordostsektor auf die Sambre. Die
8. Brigade, die im Nordwesten gekämpft hatte, sah sich im Rücken gefaßt
und wurde in die Flucht gerissen.
Ourch die breite Lücke drang die deutsche Infanterie in die Festungs-
zone und eroberte die Stadt. Die Außenfesten des Nordwest- und
Südwestabschnitts waren nun auf sich gestellt und dem Untergang ver-
fallen. Fort Suarlée fiel nach zwei Tagen, und das Sambrefort
Malonne ergab sich dem Leutnant v. d. Linde, der es mit 4 Mann
zur Dbergabe aufforderte, unter dem Eindruck der Beschießung ohne
Schwertstreich. Auch St. Heériberk verzichtete gegenüber einer Hand-
voll Pioniere, die zur Erkundung des Werkes vorgeschickt waren, auf
Widerstand.
Oie 4. belgische Division und die französischen Hilfseruppen zogen auf
dem linken Maasufer nach Süden ab, gerieten aber zwischen Arbre und
Bioul vor den rechten Flügel der 3. deutschen Armee, wurden üÜberfallen,
zum Kampf gezwungen und ließen dabei zahlreiche Gefangene in deutschen
Händen. Mit Namur war nicht nur eine Festung aufgebrochen, sondern
auch der innere Ilügelstügtpunkt der englisch-französischen Armec beiseite
geräumt worden, die inzwischen bei Charleroi, an der Sambre und bei
Dinane an der Maas in eine verderbliche Schlacht verwickelt wurde. Als
Namur feel, brach die belgische Maasstellung vollends zusammen, verlor
die saumselige Angriffsbewegung der englisch-französischen Nordarmeen
auch im Falle eines nochmaligen glücklicheren Gegenstoßes Griff und Halt.
Belgien war verloren.