150 Der Felbzug im Westen bis zum 15. September 1914
Am 24. August versuchte der französische General eine operative Lösung
zu finden, indem er den linken Flügel hinter den Chiersabschnitt zurücknahm
und die Linie Carignan— Montmédy verteidigte, zugleich aber starke Kräfte
von Verdun her zum Angriff gegen die linke Flanke der 5. Armee ansetzte.
Oas französische VI. Korps fesselte hier einen kurzen Erfolg an seine Fahnen.
Im kritischen Augenblick wurden auf deutscher Seite die Reserven vor-
gezogen und der Flankenstoß durch Einseyen des XVI. Korps am Othainbach
bei Spincourt und der Brücke von Nouillon und Duzey aufgefangen und
zum Stehen gebracht. Es gelang, den gefährlichen Vorstoß in der Entwicklung
zu ersticken und am rechten Flügel bei Sapogne den Ubergang über die Chiers
zu erzwingen. Ruffeys Flügel waren eingedrückt, Reserven nach dem Wer-
brauch des VI. Korps und der Verduner Generalreserve nicht mehr vorhanden
und die linke Flanke durch de Langles Rückzug eneblößt. Die 3. Armee
kämpfte nur noch um geordneten Rückzug, um nicht vor den Flußschranken des
Othain in eine noch schwerere Niederlage verwickelt zu werden, wurde aber zu
bastig zurückgenommen und erlitt während des Rückzuges schwere Werluste.
Die Verteidigungsstellung binter der Tiefenlinie des Loisonbaches und an den
rechesufrigen Maashöhen blieb unter dem Druck der Verfolgung unbesetz
und fiel schon am 24. August in die Hände des Siegers. Damn boten die
Maas und dahinter bereitgestellte Kräfte dem Verfolger nachdrücklich Halt.
Nach der ersten Schlachtenfolge
Am 25. August war die englisch-französische Angriffsbewegung auf der
ganzen Linie gescheitert, Belgien preisgegeben, das deutsche Lothringen und
das Elsaß geräumt und damit die strategische Grundlage des allgemeinen
Feldzugsplanes der Entente, der ihre Heere von Westen, Osten und Süden
zum konzentrischen Angriff gerufen hatte, zerbrochen. Man war sich dessen
im französischen Lager wohl bewußt. Schon am 24. August gab der Kriegs.
minister Messimy bekannt, daß die Armeen im Westen nur die Aufgabe hätten,
die deutsche Hauptmacht zu fesseln, während die Russen im Osten große und
entscheidende Siege davontrügen. Nun war aber gerade an diesem LTage
die Angriffsbewegung der beiden in Ostpreußen eingebrochenen russischen
Armeen zum Stillstand gekommen. General Rennenkampf hatte die 1. Armee
am 21. August vor Königsberg und Lögen festgelegt und Samsonow wurde
mit der 2. Armee zwischen Allenstein und Ortelsburg in eine unglückliche
Schlacht verwickelt, aus der er keinen Ausweg mehr finden sollte. Die Be-
kannemachung Messimys gab also kein zutreffendes Bild der Kriegslage.
Tatsächlich war Belgien in deutschen Händen, die belgische Feldarmee nach
Antwerpen abgedrängt und sämtliche englisch französischen Armeen binnen
fünf Tagen in einer Reihe von Schlachten geschlagen worden. Der Feldzug