Nach der ersten Schlachtenfolge 151
im Westen war damit zwar noch keineswegs entschieden, aber dem auf den
inneren Linien stehenden Gegner war ein großer Gewinn an Naum und
Wirtschaftsgebiet zugefallen und der Krieg war von der verwundbarsten Stelle
seines eigenen Landes entfernt worden. Verwundbar war diese Stelle aller-
dings nur dann, wenn sie auf Grund eines englisch französischen Angriffs.
planes erreicht wurde, der von sich aus über Belgien und die belgische Neu-
tralität hinwegschritt, oder wenn der deutsche Angriffsfeldzug an der belgi-
schen Maas scheiterte und die Armeen auf den Rhein und die großen In-
dustriezentren des Rheinlandes zurückgeworfen wurden. Keines von beiden
war geschehen, vielmehr war der mächtige Ausfall nach Westen so rasch ge-
glückt, daß er am 25. August in der Dat als ein Feldzug erschien, in dem die
Vernichtung der feindlichen Streitkräfte gesucht werden konnte. Die Frage,
wie stark man zu diesem gewaltigen Unternehmen sein mußte und ob man
dazu noch stark genug sein konnee und genügend Zeit besaß, wurde vom
Strudel des Geschehens und dem Jubel siegreicher Schlachten verschlungen. Sie
war mahnend von den geschichtlichen Ereignissen selbst aufgeworfen worden,
als die Russen drei Wochen nach Kriegsbeginn mit sieben großen Armeen
im Felde erschienen und damit die Frist, die sie zu einer normalen Mobil=
machung nötig gehabe hätten, um die Hälfee verkürzten. Sie sind nicht nach
40, sondern nach 20 Tagen kampfbereit gewesen, skanden am 25. August
vor Königsberg und in Allenstein und vor Brody und DTarnopol und füllten
die so gewonnene Frist vom 25. August bis 15. September mit Kampfhand-
lungen, die eigentlich erst nach dem vierzigsten Tage zuerwarten gewesen wären.
Das war noch nicht deuclich vorauszusehen, als die Deutschen die Siege
bei Mons, Charleroi, Dinant, Neufchäteau und Longwy erfochten.
Troß der herben erluste, die das deutsche Westheer erlitten hatte, trotz
der Notwendigkeit, mit Reserven zu sparen, um dem Osten vermehrte Kräfte
zuzuführen, folgten die siegreichen deutschen Nordarmeen dem Feinde auf
dem Fuße, während die 6. und 7. Armee sich bemühten, die französischen
Ostarmeen zu fesseln und in die Trouke de Charmes einzubrechen.
Setzt man voraus, daß es richtig war, den Krieg im Westen angriffs-
weise zu führen, so hatte sich der kühne Gedanke, den Franzosen den Einbruch
durch die Belforter Senke freizugeben und dafür um so stärkere Kräfee durch
Belgien vorzuführen, in strategischer Beziehung herrlich gelohnt. Ein
trügerischer Erfolg hatee die Franzosen nach Müllhausen gelockt, sie aber
nicht befähigt, über den Rhein oder nordwärts vorzustoßen, und ihren äußersten
linken Glügel um wertvolle Kräfte gebracht, die bei Lille bitter gefehlt haben,
als Frenchs und Lanrezacs Armeen auf die Oise zurückfluteten.
Die französische Heeresleitung bewahrte in dieser drangvollen Lage
ihre Ruhe und hoffte, die bei Saarburg, Charlerol, Neuschteau und
Longwy verlorenen Aussichten an der Oise und hinter der französi-
schen Maas zurückzugewinnen. General Joffre wußte, daß die Deutschen