Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1)

152 Der Feldzug im Westen bis zum 15. September 1914 
seinen Operationsplan am 24. August in Fehen gerissen hatten. Er sah sich 
in einer Lage vor neue Entschlüsse gestellt, die kein Zaudern und keine Halb. 
heiten ertrug. Er wußte auch, worin die Uberlegenheit des deutschen Planes 
bestand. Die Amfassung, die über den linken Flügel der englischen Armee 
binaus in die strategische Flanke des ganzen englisch--französischen Heeres 
gegriffen hatte, war den Verbündeten verhängnisvoll geworden. 
Von diesen Erwägungen ausgehend, suchte General Joffre schon am 
25. August das Schicksal zu wenden, indem er sofort großgedachte Gegen- 
maßnahmen traf, um die strategische Lage wiederherzustellen. Von der 
Erkennenis durchdrungen, daß der von der ungelenken englischen Armee ge- 
bildete Flügel zu schwach sei, sich angesichts der Umfassung zu behaupten, 
beabsichtigte die französische Heeresleikung, eine neue Kampfgruppe zu 
schaffen, welche dem linken Flügel das notwendige Gewicht verleihen und 
den Feind von sich aus mit Amfassung bedrohen sollte. 
Ein Tagesbefehl Joffres vom 25. August ordnete an, daß sich in der 
Gegend von Amiens vom 27. August bis 2. September eine neue Armee 
zu bilden habe, als deren Kern das VII. Armeekorps ausersehen war, das 
am 9. und 20. August bei Mülhausen gefochten hatte. Der Oberbefehl dieser 
neuen Armee wurde dem General Maunoury anvertraut und ihm die all. 
gemeine Angriffsrichtung Arras—WBapaume angewiesen. Das war der 
erste Versuch der französischen Heeresleitung, sich von dem Gewicht zu be- 
freien, das seit dem Ourchbruch bei Tirlemont auf ihr lastete und sie zu Boden 
drückte. Der strategische Gedanke, der diesem Versuche eines „rétablisse- 
ment stratégique“ zugrunde lag, ergab sich mit zwingender Notwendigkeit 
aus der Lage, in welche die französische Armee nach den Niederlagen in 
Lothringen und Belgien versecgt war und nutzte die Stärke der Wehrstellung 
an der Maas vortrefflich aus. Aber er rechnete nicht mit der Schnelligkeit 
und Skoßkraft des Gegners und wurde zu nahe am Feinde festgelegt. 
Die Schlachten um die Oise= und Maaslinie 
Die deutschen Armeen setzten den Vormarsch unter heftigen Kämpfen 
mit französischen Nachhuten fork. Die 4. und 5. Armee stießen an der Maas 
auf starken, gutgeleiteren Widerstand, der sich nach den raschen Schlägen 
von Neuschäceau und Longwy Überraschend geltend machte und dem Befebl 
Joffres, die Maoslinie festzuhalten, um für die Neubildung der strategischen 
Lage am englisch-französischen linken Glügel Zeit zu gewinnen, durchaus ent- 
sprach. Die 1., 2. und 3. deutsche Armee blieben in rascherer Bewegung. Am 
stürmischsten folgte Kluck dem Feind. Er blieb den Engländern so hart auf den 
Fersen, daß er fast mit ihnen zugleich die Linie Cambrai—e Cateau— 
Landrecies erreichte, auf der sie am Abend des 25. August haltgemacht hatten.
	        
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