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Die Schlacht an den masurischen Seen
Die Njemenarmee hatte sich durch Nachschub und Zuzug verstärkt
und gemächlich zwischen der Deime und der Angerapp ausgebreitet. Fried-
land war als Brechpunkt der Front stark besetzt, Kavallerie schwärmte
bis Domnau, Heilsberg und Rössel. Als Nennenkampf von der Kunde
der Schlacht bei Tannenberg ereilt wurde, suchte er seine Korps in einer
günstigen Verteidigungsstellung zu sammeln. Er ließ an der Linie Labiau—
Nordenburg— Angerburg eine Front von 100 Kilometern bilden, die,
zweckmäßig angeordnek, vom Kurischen Haff bis zu den großen masurischen
Seen eine feste Schranke zog. Da sich der rechte Flügel bei Labiau an das
Haff lehnte, war er in der Flanke unangreifbar. Dahinter war Dilsit stark
besetzt, um gegen etwa erfolgende Anternehmungen von der See her Schutz
zu bieten. Der linke Flügel fand in den Seen und in den Wäldern von Lötzen
eine starke Sicherung. Außerdem wurde die Grodnoer Kampfgruppe heran-
geholt und auf Lyck in Bewegung gesegt, wo sie eine Flankenstellung be.
ziehen sollte, die einem von Westen gegen die Armee Rennenkampf vor-
gebenden Angreifer äußerst gefährlich werden konnte. Als die Nachrichten
von der Schlacht bei Tannenberg immer trüber lauteten und General Renmnen-
kampf zur Uberzeugung gelangte, daß die 2. Armee fast ganz vernichtet, ihre
Neste nicht mehr kampffähig waren, entschloß er sich, eine Verteidigungs-
schlacht zu liefern und den Gegner zunächst seine breite Front berenmen
zu lassen.
Er verskärkee zu diesem Zweck seinen linken Flügel, indem er an den
Engen der Seen nordsstlich von Hötzen eine weitgespannte Feldbefestigung
ausbauen ließ und seine Haupekräfte in der Mitte versammelte, wo er eine
Durchbrechung besorgen mochte und die Masse am besten in der Hand harte.
Diese schwunglose, jfeden Antriebs entbehrende Werteidigungsstrategie
stücte sich auf die Aberlegenheit an Zahl und an Artillerie und zog aus der
Eignung der Russen zur Verteidigung befestigter Stellungen sichere Vorteile.
Anders handelte Hindenburg.
Während in den Wäldern zwischen Tannenberg und Ortelsburg noch
die Beute geborgen wurde, schwirrten die scharfäugigen Flugzeuge der
deutschen Ostarmee schon über den Stellungen der Nsemenarmee. General
v. Hindenburg sah sich von Verstärkungen umgeben. Das XI. Korps und
das Gardereservekorps hatten den Anschluß an die Sieger von Tannenberg
erreicht. Die 8. Kavalleriedivision, die vor wenigen Tagen noch in den
belgischen Ardennen gefochten hatte, ritt schon auf dem Eußersten rechten
Flügel der nach Nordosten schwenkenden Armee, um die Sicherung des
Vormarsches gegen Lyck zu übernehmen.
Am 4. September brach Generaloberst v. Hindenburg — er hatte die
Beförderung noch auf, dem Schlachtfelde erhalten — schlagfertig gegen die