Der schwäbische Rettungsengel.
16. Februar.
Ermattet sanken die Arme, bdie sich liebend nach Erz-
berger ausstreckten. Die Militärbehörde bekam ihn nicht,
denn er wurde immer wieder erfolgreich reklamiert; und die
Staatsanwaltschaft bekam ihn nicht, denn er war zuerst durch
seine Immunität als Parlamentarier und dann durch irgend-
eine der vielen Amnestien geschützt. So konnte der strotzend
gesunde Erzberger den Krieg fünfmal gut überwintern und
allen Verordnungen über die Rationierung der Lebensmittel
höhnisch ein Schnippchen schlagen. Von seinen Reisen in die
Schweiz und andere neutrale Länder brachte er immer wohl-
gefüllte Koffer mit, deren Inhalt, um den alle Vorrechte der
diplomatischen Exterritorialität genießenden Matthias nicht
zu erzürnen, beileibe nicht beschlagnahmt werden durfte.
Aber er ist nicht nur Qualitäts--, sondern auch Quanti-
tätsesser von Ruf. Die ausländische Zufuhr genügte nicht.
Während Millionen Deutscher ihre Kohlrüben nagen
mußten, sorgte ein gütiger Angelus Suebius für die reichliche
Atzung des Abgeordneten für Biberach-Buttenhausen-Ochsen-
hausen. Der ebenfalls von der Staatsanwaltschaft liebend
als Malzschieber zitierte Herr Angele, eine „Simplizissimus“-
Figur wie die des bayerischen Landtagsabgeordneten Filser,
ein Mann, der heute mit einer nicht durch das Gewissen, aber
durch Asthma und Kropf behinderten Stimme schwört, daß
seines Wissens Erzberger von den Sendungen, obwohl er sich
dafür bedankte, nichts gewußt habe, hat die Familie Erzberger
davor behütet, daß sie mit schwächlichen Marmeladenbeinen
durchs Leben wandern müßte. Und Herr Angele aus dem
Bezirk Biberach beschwört auch, daß er Erzbergers für die
Schleichware nicht einen Pfennig weniger als die Preise ab-
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