Er, der Mann aus der ehrenhaften alten Zeit, hat sich einen
„Reichsfinanzminister“ ganz anders vorgestellt, und nun
grollt er, der amtlich bestellte Wächter der guten Sitte, mit
dem System Bethmann, das einen Erzberger überhaupt habe
groß werden lassen. Er geht jeden einzelnen Fall sorgsam
durch. Hie und da, zu meinem Erstaunen just auch bei der
Sache mit den Hapag-Aktien, die doch eigentlich das Tollste
war, findet er, daß Helfferich noch das i-Tüpfelchen zum
Beweise fehle. Aber in der großen Mehrzahl der Fälle —
und damit überhaupt — sei dem Angeklagten der
Wahrheitsbeweis für Erzbergers unsaubere Vermischung von
Politik und Geschäft gelungen. Die andere Gruppe der
Helfferichschen Vorwürfe, daß Erzberger ein Lügner und ein
unanständiger Charakter sei, soll am Donnerstag von dem
Ersten Staatsanwalt v. Clausewitz kritisch verarbeitet werden.
Es ist kaum zu bezweifeln, daß auch er vor dem „Mosaik-
bilde“ erklären wird: Bedauerlich gut getroffen! Damit gibt
die Staatsanwaltschaft, die man in den Zeiten des alten
Sostems „die objektivste Behörde der Welt“ nannte, ihren
offiziellen Schützling, den Nebenkläger Erzberger, preis. So-
ist denn der Weg für den Gerichtshof frei. Die Schleusen
werden geöffnet, der reinigende Strom schwemmt den
Augiasstall sauber, das öffentliche Gewissen kann aufatmen.
Auf Wunsch von Exzellenz Spahn, der sich nicht als
gedächtnisschwachen Trottel hingestellt sehen will, wird heute
nachträglich noch eine Ergänzung der Beweisaufnahme ein-
geschoben, die einige belanglose Mißverständnisse aufklärt,
aber zur Sache kaum etwas Neues erbringt. Es sei denn die
Feststellung Spahns, daß Erzberger am 28. Juni 1917 mit
dem Nunzius Paccelli eine Zusammenkunft und schon am
1. Juli seine Schmachfriedensresolution fertig hatte, die dann
später nur noch formell von Richthofen und David redigiert
wurde. Nun fehlt wirklich kein Mosaiksteinchen mehr. Den
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