Gordon spricht. ·
5. März.
Es gibt an verschiedenen Orten Gymnasien mit Alum-
naten, die unter ernster christlicher Leitung stehen. Hie und da
sollen auch die Zöglinge sehr tugendhaft sein. Im allgemeinen
aber schicken, im Vertrauen auf den Ruf der Anstalt, doch die
verzweifelten Eltern aus ganz Deutschland gerade ihre jungen
Rowdies und unverbesserlichen Tunichtgute hin. Da kommt
dann mitunter eine tolle Rasselbande zusammen. Ein ähn-
liches hartes Geschick trifft den Geheimen Justizrat v. Gordon.
Vor einem Menschenalter stand der alte Herr, der einer
unserer gewiegtesten Juristen ist, in dem Rufe, daß er nur
grundanständige Leute aus den besten Kreisen vertrete. Die
Folge davon war, daß allmählich, um von diesem Rufe zu
profitieren, die oberfaulsten Kunden ihm zuliefen. Ich nehme
selbstwerständlich von Ertberger an, daß er auch andere
Gründe hatte. Es wird ihm vielleicht gesagt worden sein, daß
Gordon in seinem juristisch feinsinnigen Plädoyer oft Dinge
herausfinde, die das juristische Gewissen der Richter plötzlich
betroffen aufhorchen ließen, wenn sie auch als Menschen mit
ihrem Arteil bereits fertig gewesen seien. Ist es so, dann hat
sich Erzberger doppelt getäuscht: erstens hat eine Verteidigung
durch Gordon heute nicht mehr den Wert eines glängenden
Leumundzeugnisses, i Gott bewahre, und zweitens hat der
Herr Geheime Justizvat heute kein unerhörtes Kriegsmittel
zur Verfügung, keine furistische Fernkanone, sondern muß zum
Gerichtshof wie zu Geschworenen sprechen.
Er kann nicht Helfferich Fallen stellen, in denen der
stechenbliebe. Er kann nur Erzberger loszueisen versuchen,
der mit Rute und Vorderlauf — beim Menschen fagt man
Schwurhand — in der Klemme sitzt, und muß seinen Schütz-
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