des blutigen Krieges gegeben, wenn die Entente nicht um
jeden Preis die Vernichtung Deutschlands und gleichzeitig der
gesamteuropäischen Wirtschaft wünschte. In diesem Augen-
dlick schrieb der Kaiser an Bethmann:
„Der Vorschlag, Frieden zu machen, ist eine sittliche
Tat, die notwendig ist, um die Welt, auch die Neutralen,
von dem auf ihnen lastenden Druck zu befreien. Zu
einer solchen Tat gehört ein Herrscher, der ein Gewissen
dat, sich Gott verantwortlich fühlt und ein Herz für die
Menschbeit besitzt, der unbekümmert um die Mißdeutun-
gen seines Schrittes den Willen hat, die Welt von ihren
Leiden zu befreien. Ich habe den Mut dazu, ich will es
im Vertrauen vor Gott wagen.“
Leider spricht Helfferich sehr schnell, wie man es so häufig
bei Leuten findet, die mit sich selbst volllommen im reinen
und Herr aller Einzelheiten sind. Infolgedessen geht den
Berichterstattern manche Feinheit verloren, so bei dieser Ge-
legenheit die, daß der Kaiserbrief „eilig und dringlich mit
Bleistift“ geschrieben worden ist, also aus dem innersten Ge-
fühl heraus, ein Zeugnis der Wahrheit, nicht eine zurecht-
gestutzte Staatsaktion. And noch etwas fällt bei dem in
rasender Hast für die Abendblätter mitgeschriebenen Bericht
unter den Tisch: Helfferichs Anschuldigung, daß Sinz-
heimer bei der Verlesung der Wilsonbotschaft vom
22. Januar 1917 den wichtigsten Satz unter-
schlagen habe. Wenn dieser Satz, in dem Witlson sich
völlig auf die Seite der Entente stellt und klar zu erkennen
gibt, daß er auf einen Vernichtungsfrieden für Deutschland
binsteuerte, zu Beginn der Verhandlungen verlesen worden
wäre, so hätte man sich mehrere Tage unnützen Gewäsches
vor dem Untersuchungsausschuß ersparen können.
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