zeugungswechsel. Vor dem Kriege war dieser Ideologe von
Menschheitsweh erfüllt, mit Wut gegen den Militaristenstaat
geladen. Da brauste der August 1914 über ihn hinweg. Das
Volk stand auf, der Sturm brach los; Dovid erkanmte, wozu
unser Militarismus nötig gewesen, erkannte die Blutschuld
der feindlichen Mächte um uns her und warf sich voll In-
brunst auf das Schreiben von Broschüren gegen sie, Bro-
schüren zur Ehrenrettung des schuldlosen Deutschlands. Da
umnachtete der November 1918 uns die Sinne. Keuchend
schleppte Kautsky die Aktenstöße aus dem Auswärtigen Amt.
Da und da und da, — Deutschland sei schuld! Das war für
den zarten David fast der Tod. Als rasender „Betrogener“
stand er von dem Krankenlager auf und fluchte allem, was
er für Deutschland geschrieben. Nun ist ein Jahr vergangen.
Es wird allmählich kbar, gerade auch vor dem Untersuchungs-
ausschuß, wann Dovid sich wirklich hat betrügen lassen.
Aber er will nichts mehr hören. Zum dritten Male hielte
der schwache Körper den seelischen Zusammenbruch nicht aus.
Und so verstrickt und verstockt er sich, so eifert er wider das
eigene Land und hat nur für eines noch Sinn: Rettet
Wilson, rettet Wilson!
Der Demokrat Schücking steht ihm bei.
Er versucht in wiederholten Anfragen — oder vielmehr
„Feststellungen“ — eine zeugeneidliche Bekräftigung seiner
Asicht zu erhalten, daß unsere Regierung, unsere Diplomatie,
unsere Waffenfirmen an allem schuld seien, während Wilson
die Pflichten der Neutralität durchaus erfüllt habe, also bis
zuletzt, wo wir ihn zurückgestoßen hätten, der geeignete
Friedensvermittler gewesen sei. Und Schücking beruft sich auf
den Parteigenossen Bernstorff, der nur in seiner Hilflosigkeit
nicht recht beizuspringen weiß.
Aber Helfferich beherrscht das Material und dient den
Herren gründlich. Alles, was er in diesen zwei Tagen im
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