Full text: Hindenburg, Erzberger, Kapp

bilder der nationalen Presse schreiben; darin liege die Gefahr 
einer Beeinflussung der Richter während des noch schweben- 
den Prozesses. Diese Zuschrift wäre allenfalls verständlich, 
wenn es sich um Schöffen oder Geschworene handelte. In 
Moabit aber tagt eine (fast hätte ich gesagt: königlich 
preußische) Strafkammer von Berufsjuristen, denen gegen- 
über die Behauptung, sie könnten sich durch Zeitungsartikel 
beeinflussen lassen, eine Beleidigung gröbsten Kalibers ist. 
über Erzberger und Helfferich wird ja wohl jeder der Herren 
schon längst seine Privatmeinung haben, die Meinung des 
gebildeten und politisch interessierten Zeitgenossen, und hat es 
nicht nötig, sie nun erst aus Presseberichten zu schöpfen. Diese 
Privatmeinung hat aber bei den noch aus dem alten System 
stammenden Richtern gar nichts mit der Arteilsfindung zu 
tun, die auf zweierlei beruht: auf der gründlichen Akten- 
kenntnis, also dem genauen Studium der Schriftsätze beider 
Parteien mit allen Anlagen, und auf der Würdigung aller 
Beweise, die in der Verhandlung vorgebracht werden. Dem 
Jeitungsleser steht dagegen nur der gekürzte Bericht zur Ver- 
fügung, der nicht erschöpfend und nicht klar genug ist, so daß 
die tägliche kritische Auslese im Stimmungsbild zu einem 
Bedürfnis wird. Die demokratische Presse hat übrigens den 
Standpunkt, man dürfe ein „schwebendes Verfahren“ nicht 
besprechen, bisher noch stets verlassen, wenn es ihr in den 
Kram paßte; für sie war beispielsweise Ludendorff bereits vor 
Zusammentritt des parlamentarischen Untersuchungsaus- 
schusses völlig „erledigt“. 
Den beutigen Bericht mit der Vernehmung zweier 
führender Herren der Thyssen-Gruppe kann der Fernstehende 
auch erst dann ganz verstehen, wenn ihm erzählt wird, daß 
Thyssen der Zentrumsnapoleon unserer Schwerindustrie ist, 
mitsamt allen seinen Leuten also nur ein lebhaftes Interesse 
daran haben kann, daß der Parteimann Erzberger glimpflich 
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