Full text: Deutsche Wappenrolle.

Adler gelegt und als Schildhalter erscheinen zwei laubbekränzte, 
wilde Männer mit Keulen, die auf einem Postarmente stehen. 
Das Ganze ist unter einem goldenen, mit schwarzen, rot 
bewehrten Adlern gemusterten, mit Hermelin gefütterten und 
ausgeschlagenen Wappenmantel angebracht, der von der Kron- 
prinzenkrone herabfällt. Dieselbe zeigt vier Kreuze und vier 
Adler, die abwechselnd einem mit Brillanten besetzten Goldreife 
aufgesetzt und reich mit Steinen geschmückt sind. 
Hinter den Kreuzen erheben sich 
vier mit Perlen besetzte Bügel, die mit 
einem Reichsapfel abschliessen. Unter 
den Bügeln erscheint eine rofsammitene 
Mütze mit ebenso gefärbtem Futter. In 
neuerer Zeit gab man den Kreuzen in 
der Krone des Kronprinzen eine etwas 
gefälligere Form (Fig. 4a), nur ging 
dadurch der Typus des »Eisernen Kreu- 
zesı verloren. 
Das Kleine Wappen zeigt den mit 
der Kronprinzenkrone geschmückten, rotbordierten Schild, um 
den die Kette des schwarzen Adler-Ordens gelegt ist. 
Die Titulatur des deutschen Kronprinzen wurde durch nach- 
stehenden Allerhöchsten Erlass vom 18. Januar 1871 fest- 
gestellt: 
»Nachdem Ich durch Meine Proklamation an das Deutsche 
Volk vom heutigen Tage Meinen Entschluss kundgegeben, die 
Deutsche Kaiserwürde für Mich und Meine Nachfolger an der 
Krone Preussens anzunehmen, finde Ich Mich bewogen, Euerer 
Königlichen Hoheit die dem neuen Verhältnis entsprechende 
Würde: Äronprinz des Deutschen Reichs mit dem Prädikate: 
Kaiserliche Hoheit mit der Massgabe beizulegen, dass diesen 
Bezeichnungen die ferner beizubehaltenden Benennungen Äron- 
prinz von Preussen und resp. Königliche Hoheit nachzustellen 
sind. Zugleich bestimme Ich, dass diese Würde und das damit 
verbundene Prädikat auch auf jedes künftigen Thronfolger an 
der Preussischen Krone ohne weiteres übergehe.« 
Das Alliance-Wappen /Arer Majestät, der verwiltwelen 
Kaiserin und Königin Friedrich, Victoria, Prinzess Royal von 
Grossbritannien und Irland, Herzogin zu Sachsen, ist in der 
Anordnung dem Alliance-Wappen Ihrer Majestät der Kaiserin 
Augusta Victoria gleich, nur ist selbstverständlich das Geschlechts- 
wappen hier in anderer Weise zusammengesetzt. Als Tochter 
Ihrer Majestät der Königin Victoria, von Grossbritannien und 
Irland führt die Kaiserin-Wittwe das Wappen Ihrer Heimat, 
jedoch im Schildhaupte überlegt mit einem silbernen, dreilätzigen 
Turnierkragen, dessen Seitenlätze je ein rotes Kreuz zeigen und 
dessen Mittellatz eine rote Rose trägt. 
Als Herzschild erscheint der sächsische Rautenkranzschild. 
(Man vergleiche die Wappen der Mitglieder des Sachsen-Coburg- 
Gothaischen Hauses bei Tafel XII.) 
Statt dem Luisen-Orden erscheint das »Verdienstkreuz für 
Frauen und Jungfrauen« (gestiftet von Kaiser Wilhelm I. am 
22. März 1871), das in der äusseren Form grosse Aehnlichkeit 
mit dem Luisen-Orden besitzt; auch die Zeichnung des Bandes 
ist die gleiche, nur hängt hier das schwarze, silbern bordierte 
Kreuz, das in der Mitte mit dem silberbordierten, roten Genfer- 
kreuz belegt ist, an einem grösseren Silberring, durch den sich 
die Bandschleife zieht. (Vergleiche Standarte der Kaiserin- 
Witwe, Tafel XIX.) 
  
Fig. 4« Kreuz im neu 
entworfenen Kronenreif der 
Kronprinzenhrone. 
Am ı8. Januar 1871 erfolgte in der »Salle des glaces« 
des Schlosses zu Versailles die feierliche Proklamation des 
neuen Deutschen Reiches und die Annahme der Kaiserwürde 
von weiland Sr. Majestät dem Könige Wilhelm von Preussen. 
Zur Dekoration des Saales, in dem dieser weltgeschichtliche 
  
Akt vor sich ging, wurde auch ein in aller Eile über Nacht 
angefertigtes Wappen benutzt, ein Interimswappen, das als 
erstes Wappen des Deutschen Reiches anzusehen ist. Es zeigte 
in einem unten zugespitzten, goldenen Schilde einen ein- 
köpfigen, rot bewehrten, schwarzen Adler, die Brust mit dem 
Schilde von Hohenzollern belegt. Ueber dem Schilde schwebte 
eine Krone, eine Kopie der alten Kaiserkrone des römisch- 
     
   
  
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Fig. 5. Erstes Wappen des Deutschen Reiches. 1871. 
(Schildgrösse 35/38 cm.) 
deutschen Reiches. Wir bringen in Figur 5 eine Zeichnung 
dieses Wappens, das sich seit dem Jahre ı88ı im Hohenzollern- 
Museum in Berlin befindet. 
Die Idee zu dieser heraldischen Komposition gab der da- 
malige Kronprinz, spätere Kaiser Friedrich, die Zeichnung fertigte 
Graf Harrach, während die Ausführung Kaufmann Magnus aus 
Berlin besorgte. Der Schild, ein Stück Pappe, wurde mit Gold- 
brokat überzogen und der Adler, aus schwarzem Sammte ge- 
schnitten, aufgeklebt. Zur Dekorierung der Kaiserkrone wurden 
Perlen und farbige Stoffstückchen an Stelle der grossen Edelsteine 
benützt. 
Bereits am 4. Januar 1871 wurde von dem damaligen 
Vorstande des königl. preussischen Heroldsamtes, Excellenz 
Dr. Rudolf Graf Stillfried von Alcantara und Rattonitz, ein Wappen- 
entwurf (gezeichnet von Th. Scheuerlein) veröffentlicht, der aber 
später nur teilweise bei der Komposition des endgültigen Wappens 
zur Verwendung kam. 
Der Reichsadler war einköpfig, goldbewehrt, und trug eine 
goldene mitraförmige Krone, die der Krone Kaiser Ludwig des 
Bayern (F 1347) auf seinem Denkmale aus dem XV. Jahrh. in 
der Frauenkirche zu München nachgebildet war. Von dieser 
Krone fielen zwei rote, silbern ornamentierte und an den Enden 
goldbefranste Bänder herab. Diese Bekrönung des Adlerkopfes 
sah etwas wunderlich aus und gab kein hübsches Bild. 
Auf der Brust des Adlers rubte der preussische Schild, 
so wie er auch heute im Wappen des Deutschen Reiches er- 
scheint, umschlungen von der Kette des schwarzen Adlerordens 
und mit einer goldenen Blätterkrone gekrönt. 
Die Sachsen (Flügelknochen) und Schwungfedern der Flü- 
gel waren mit den Wappenschilden der übrigen 24 Staaten 
belegt und zwar auf vier Federn zu beiden Seiten je drei Wappen 
übereinander. 
Das kaiserliche Wappen (Fig. 6) bestand in einem gol- 
denen Schild, in dem als Wappenfigur der einköpfige, gold-
	        
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